Ein Beitrag von Prof. Dr. Werner Müller *
Pensionierte Beamte, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, haben auch nach den von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen ihre Pension im Inland zu versteuern. Mit dem endgültigen Wegzug sind sie aber nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig und sie verlieren dann den Grundfreibetrag, müssen also bereits auf den ersten Euro Steuern zahlen (nach Steuerklasse 6). Bei einer Pension von brutto 1.500 € monatlich läge der Steuernachteil bei etwa 133 €, bei 2.000 € Pension bei 292 € und bei 3.000 € (z.B. Bes.gr. A 14 – Oberstudienrat) bei 409 €. Auch andere Personengruppen könnten wegen inländischer Einkünfte und zur Erhaltung des Grundfreibetrags an einem inländischen Wohnsitz interessiert sein. Wenn sie einen Schein-Wohnsitz im Inland begründen, riskiert der Wohnungsgeber (z.B. Verwandte) ein empfindliches Bußgeld und ein Strafverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Der ausgewanderte Beamte wird vielleicht nicht an die BRD ausgeliefert, er riskiert aber seine Entlassung und den Verlust seiner Pensionsansprüche. Man muss sich also um eine rechtlich einwandfreie Lösung kümmern.
Wenn die Bürger in beiden Ländern (Heimat und ständiger Aufenthalt) eine Wohnung haben, richtet sich die unbeschränkte Steuerpflicht nach den wirtschaftlichen, persönlichen und familiären Beziehungen. Sofern z.B. die Kinder in Deutschland leben, würden dann auch die überwiegend im Ausland lebenden Pensionäre in Deutschland und nicht im Ausland unbeschränkt steuerpflichtig sein. Bei mit Ausländern verheirateten Pensionären wäre der Lebensmittelpunkt dagegen im Ausland – an der Steuerklasse 6 führt dann kein Weg vorbei.
Die auswandernden Pensionäre mit Familie in Deutschland müssten i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG im Inland eine (möblierte) Wohnung unterhalten, von der nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles erwartet werden kann, dass man sie auch benutzen will. Eine kurzfristige Nutzung muss mindestens möglich sein. Solche Umstände können in Wohneigentum gesehen werden, wenn es nicht dauerhaft vermietet ist und relativ kurzfristig wieder benutzt werden kann. Eine kurzzeitige (jeweils max. ein paar Wochen) möblierte Untervermietung ist dann unschädlich, denn mit jeder neuen Untervermietung wird die Eigennutzung wieder möglich. Ein tatsächlicher Mindestaufenthalt im Inland ist nicht erforderlich. Würde eine unbenutzte Wohnung bereitgehalten, wären die Kosten aber höher als der Steuervorteil.
Eine Kurzzeitvermietung wird z.B. per Internetseiten wie booking.com vermittelt. Die Umsätze sind oft 4-5 mal so hoch wie die normale Kaltmiete; es entstehen aber auch deutlich höhere Kosten und Wäschewechsel, Reinigung und Schlüsselübergabe erfordern eine ständige Anwesenheit. Die auswandernden Pensionäre könnten höchstens mit einem Betreiber solcher Kurzzeitvermietungen einen Vertrag abschließen, dass sie die eigene Wohnung auf ihre Rechnung gegen Provision verwalten. Beabsichtigte Besuche müssten dem Verwalter rechtzeitig mitgeteilt werden. Dafür müsste der Ehepartner des Beamten ein Gewerbe anmelden; die Beamten selbst dürfen auch als Pensionäre kein Gewerbe betreiben. Für die weitere Nutzung einer bisher selbstgenutzten Immobilie wäre das eine Option. Es würde sich aber wohl nicht lohnen, zum Zweck eines steuerlich anerkannten Wohnsitzes im Inland extra eine Eigentumswohnung zu kaufen.
Für den steuerlich anerkannten Wohnsitz im Inland genügt aber auch ein Niesbrauch, also ein Nutzungsrecht an einer fremdem Wohnung. Der kann auch zeitlich befristet werden. Dieses Nutzungsrecht kann man auch kurzzeitig übertragen. Wenn ein auswandernder Beamte also mit dem Betreiber einer Kurzzeitvermietung einen Niesbrauch vereinbart, kann er ihm dann gegen Zahlung einer Tagespauschale die Nutzungsmöglichkeit zurückgeben. Die Tagespauschale müsste so hoch sein, dass eine andere Nutzung für den Niesbrauchberechtigten, also den auswandernden Pensionär (der sich jederzeit anders entscheiden könnte), nicht lukrativ wäre. Trotzdem wäre der Niesbrauch nach den aktuellen Regelungen als Wohnsitz ausreichend, denn der Niesbrauchberechtigte kann die Wohnung kurzfristig nutzen; würde für diese Zeiten nur auf die Tagespauschalen verzichten und müsste eine Nebenkostenpauschale (Strom, Heizung, Wasser, Müll, Grundsteuer) und eine einmalige Vergütung für Wäsche und Endreinigung an den Betreiber zahlen. Die Anforderung, dass die Wohnung jederzeit zur Verfügung steht, ist also erfüllt. In ihr kann der auswandernde Beamte ohne Verstoß gegen das Bundesmeldegesetz einen inländischen Wohnsitz anmelden.
Wenn die Berechnung des Wertes nach der Kapitalwertformel
( 1 + i )n – 1 i = Zinssatz (z.B. 180 Monate)
i × ( 1 + i )n n = Laufzeit (z.B. 4 % ÷ 12)
erfolgt, würde bei 4 % Zinsen, 15 Jahren Laufzeit und monatlicher Abrechnung der Wert des Niesbrauches mit dem 135,192149-fachen der monatlichen Rate oder des 4114,911-fachen der Tagespauschale (bei 365,25 Tagen im Jahr = Schaltjahre berücksichtigt) anzusetzen sein. Der Beamte würde also eine Geldanlage tätigen, bei der ihm sein Geld in monatlichen Raten mit 4 % Zinsen zurückgezahlt würde. Der Verwalter würde aber wohl noch eine monatliche Verwaltungskostenpauschale verlangen, um auch etwas daran zu verdienen. Die genauen Konditionen müssten aber ausgehandelt werden. Die folgenden Zahlen sind deshalb nur Beispiele, mit denen dieses Modell illustriert werden soll. Wenn man 45.000 € (oder 60.000 bzw. 75.000) für 15 Jahre mit 4 % anlegt, bekommt man bei monatlicher Abrechnung eine Rückzahlung von 10,94 € (oder 14,59 bzw. 18,23) pro Tag (= Zins + Tilgung). Wenn weiter eine Verwaltungskostenpauschale von 50 € monatlich gezahlt (bzw. abgezogen) würde, läge die Verzinsung noch immer bei 1,679 % (oder 2,283 bzw. 2,638); berücksichtigt man zusätzlich 292 € Steuerersparnis und zieht die Steuer auf die Mieterträge ab, läge die Verzinsung bei 12,911 % (oder 10,703 bzw. 9,317). Die Versteuerung erfolgt jetzt als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; die Kurzzeitvermietung würde an den Betreiber verpachtet. Der Kaufpreis des Niesbrauches kann auf die Nutzungsdauer verteilt als Aufwand abgezogen werden. Das zu versteuernde Einkommen erhöht sich also nur um 33 € (oder 60,60 bzw. 88,30) pro Monat.
Dieses Beispiel zeigt, dass es viele Aspekte einer Auswanderung geben kann, die genau geplant werden sollten. Es gibt auch noch weitere steuerliche Aspekte, die berücksichtigt werden sollten. So können auch Versicherungsbeiträge steuerlich in Abzug gebracht werden. Als Beispiel sei hier nur eine Auslandskrankenversicherung angeführt, wie sie die Allianz Reiseversicherung beinhaltet.
* Prof. Dr. Werner Müller ist seit 1997 Professor für Rechnungswesen, Controlling und Steuern an der Hochschule Mainz und war zuvor Financial Manager in der deutschen Gruppe eines internationalen Konzerns.
Kommentar eines Lesers:
Es besteht nach §1 Abs. 3 EStG die gegenüber einer Scheinwohnsitznahme oder Nießbrauchgestaltung viel einfachere Möglichkeit, die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland trotz Wohnsitz in Thailand zu beantragen, wenn man mindestens 90% seiner Einkünfte in Deutschland erzielt.