Viele Menschen hegen den Wunsch in ein anderes Land auszuwandern – vorübergehend oder auch für immer. Wer diesen Wunsch in die Tat umsetzt und in der Heimat die Zelte abbricht, muss sich neben vielen anderen organisatorischen Dingen auch Gedanken um seine Finanzprodukte wie das Girokonto, Sparkonten und die Kreditkarte machen. Ist es besser alles zu kündigen oder lohnt es sich, das ein oder andere in Deutschland beizubehalten?
Was spricht für eine Beibehaltung?
Besonders bei vorhandenen Sparkonten lohnt es sich, darüber nachzudenken, das Konto in Deutschland zu belassen. Denn bei Sparkonten könnte die bessere Einlagensicherung dafürsprechen, das alte Sparbuch beizubehalten. Innerhalb der EU werden bei der Pleite einer Bank bis zu 100.000 Euro an den Sparer zurückerstattet. In nicht EU-Ländern hat der Bankkunde hier öfter das Nachsehen.
Bankkonto: Es kommt drauf an
Bei einem Bankkonto hingegen kommt es auf den Job an, der im Zielland ausgeübt wird. Wer als Digitaler Nomade unterwegs ist, möchte seinen Kunden in Deutschland vielleicht weiterhin sein deutsches Konto präsentieren.
Auch wer auf andere Art und Weise weiterhin in Deutschland Einnahmen erwirtschaftet – zum Beispiel durch Mieteinnahmen, Rente oder Dividenden – ist gut beraten, wenn er sein deutsches Girokonto beibehält. Denn unter Umständen fallen bei Überweisungen ins Ausland hohe Überweisungskosten an. Diese werden nicht unbedingt von jedem Überweisenden übernommen. Dies ist zum Beispiel bei der Deutschen Rentenversicherung der Fall. Grundsätzlich überweist sie Renten auch ins Ausland, übernimmt jedoch nicht dadurch anfallende Kosten. Bei Überweisungen aus Deutschland auf ein ausländisches Konto ist darüber hinaus mit einer längeren Transaktionsdauer zu rechnen.
Und nicht nur eventuelle Einnahmen in Deutschland sprechen für den Erhalt des Kontos. Auch wer weiterhin laufende Kosten – zum Beispiel durch Unterhaltszahlungen oder Versicherungen und andere Verträge – in der alten Heimat hat, sollte unbedingt sein Konto behalten. Dies garantiert auch aus der Ferne einen unkomplizierten Zahlungsverkehr.
Auch wer vorhat, Deutschland nach dem Auswandern regelmäßig zu besuchen – sei es, um Familie und Freunde zu sehen oder bestimmten Verpflichtungen nachzukommen – ist gut beraten, ein Konto in Deutschland beizubehalten.
Achtung: Nicht alle Banken in Deutschland akzeptieren einen Auslandswohnsitz. Wer sein Konto beibehalten will, sollte sich diesbezüglich unbedingt vor der Auswanderung bei seiner Hausbank kundig machen.
Die Beibehaltung von Girokonto oder Sparbuch in Deutschland lohnt sich, wenn:
- Kunden und Auftraggeber Überweisungen weiterhin auf das gewohnte Konto tätigen sollen.
- weiterhin passive Einnahmen in Deutschland erwirtschaftet werden.
- Zahlungsverpflichtungen in Deutschland auch nach dem Auswandern bestehen bleiben.
- regelmäßige Besuche in der alten Heimat geplant sind.
Auch Rückkehr einkalkulieren
Da Auswanderer nicht selten nach einigen Jahren wieder nach Deutschland zurückkehren, kann der Erhalt des Girokontos in Deutschland auch bei einer schnellen Wiedereingliederung helfen. Nach einer gescheiterten Auswanderung wird unter Umständen nicht so leicht eine Bank zu finden sein, die gerne ein Girokonto vergibt.
Der Erhalt des Girokontos oder des Sparbuchs in Deutschland ist für deutsche Staatsbürger auch nach der Auswanderung in der Regel ohne Schwierigkeiten möglich.
Tipp: Besonders für Auswanderer, die ihr deutsches Konto selten nutzen, lohnt sich ein gebührenfreies Girokonto. Und in jedem Fall sollte mit dem Konto Online-Banking möglich sein.
Was spricht für einen Wechsel?
Wer einen Job in der neuen Heimat beginnt, will sicher lieber ein einheimisches Konto präsentieren, damit Gehaltsüberweisungen problemlos möglich sind. Auch für den alltäglichen Zahlungsverkehr – für Miete, Telefonrechnung und Krankenversicherung lohnt sich ein Konto im neuen Land. Manch ein Vermieter oder Unternehmen verlangt sogar ein Konto im Inland, damit ein Vertrag überhaupt zustande kommt. In solchen Fällen wird die Eröffnung eines Kontos im neuen Land sogar unumgänglich.
Wer in Deutschland ein kostenloses Girokonto führt, hat keinerlei Nachteile, wenn er zwei Konten für den alltäglichen Zahlungsverkehr führt – eins in der neuen und eins in der alten Heimat.
Manch einer möchte jedoch auch einen ganz sauberen Schnitt machen und alle Verbindungen nach Deutschland abbrechen, um besser im neuen Land anzukommen. In diesem Fall kann es ein besseres Gefühl geben, wenn man sein altes Girokonto auflöst und andere Verträge kündigt.
Für das Auflösen des Sparbuchs sprechen die aktuell niedrigen Zinsen, die es auf Erspartes gibt. Da sich ein klassisches Sparbuch für deutsche Sparer kaum noch lohnt, ist die Auswanderung für manch einen ein guter Zeitpunkt über andere Möglichkeiten der Geldanlage nachzudenken. Vielleicht investiert man nun lieber in einen Fond oder legt sein Geld auf andere Weise in der neuen Heimat an.
Übrigens räumen Banken bei Sparbüchern mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von drei Monaten den Kunden häufig besondere Verfügungsmöglichkeiten ein. Monatlich können von der Spareinlage bis 2000 Euro sofort und ohne Kündigung zurückgefordert werden.
Kreditkarte: Mitnahme unter Umständen sehr einfach
Kreditkarten lassen sich immer dann gut „mitzunehmen“, wenn sie nicht an eine bestimmte Bank gebunden sind. Ein besonders gutes Beispiel sind die Kreditkarten von American Express. Eine Ummeldung ist hier kein Problem. Für einen reibungslosen Ablauf braucht es hauptsächlich die Angaben zum neuen Wohnsitz. Hier lassen sich umfassende Informationen rund um den Kartenanbieter und seine Kartenmodelle finden.
Bausparverträge: Nicht immer leicht zu kündigen
Ein Bausparvertrag ist ein besonderer Fall. Er kann in der Ansparphase mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten aufgelöst werden. Allerdings führt ein vorzeitiger Abbruch des Vertrags zu einer Entschädigungszahlung und die angesparte Summe wird nicht vollständig ausgezahlt. Die Bausparkasse behält eine Gebühr ein. Darüber hinaus können staatliche Vergünstigungen verloren gehen.
Die Konditionen und Voraussetzungen für Finanzprodukte im Zielland können sich deutlich von denen in Deutschland unterscheiden. Es empfiehlt sich, vorab Erkundigungen einzuholen und sich mit anderen Auswanderern über die Möglichkeiten auszutauschen.
Fazit: Bei Finanzprodukten genau überlegen
Bleiben oder gehen? Diese Frage stellt sich für Auswanderer auch in Bezug auf ihre Finanzprodukte. Hier sollten alle finanziellen Vor- und Nachteile gut gegeneinander abgewogen werden. Im Zweifelsfall lohnt es sich, das Gespräch mit dem zuständigen Finanzberater zu suchen. Auf diese Weise werden böse Überraschungen – wie die Kündigung des Girokontos, weil ein Auslandswohnsitz nicht akzeptiert wird – vermieden. Darüber hinaus bietet sich ein Erfahrungsaustausch mit anderen Auswanderern an.