Steuersystem Türkei für Auswanderer: Der komplette Leitfaden 2026

Die Türkei liegt an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien – nicht nur geografisch, sondern auch steuerlich. Das türkische Steuersystem hat in den letzten Jahren einige Reformen durchlaufen und bietet für bestimmte Auswanderergruppen durchaus interessante Möglichkeiten, auch wenn die Steuerlast insgesamt nicht zu den niedrigsten weltweit gehört.

Das Steuersystem von der Türkei für Auswanderer
Das Steuersystem von der Türkei für Auswanderer

Besonderheiten des türkischen Steuersystems:

Das türkische Steuersystem orientiert sich am Welteinkommensprinzip: Bist du steuerlich in der Türkei ansässig, musst du dein weltweites Einkommen dort versteuern. Anders als in Deutschland gibt es aber keine Kirchensteuer, und die Sozialabgaben fallen deutlich moderater aus. Die Steuerverwaltung wurde in den letzten Jahren zunehmend digitalisiert, was die Abwicklung für Ausländer erleichtert hat.

Für wen ist die Türkei steuerlich interessant?

Die Türkei kann für folgende Personengruppen steuerlich attraktiv sein:

  • Unternehmer, die in der Türkei oder für ausländische Kunden arbeiten
  • Rentner mit Alterseinkünften aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz
  • Digitale Nomaden mit flexiblem Wohnsitz
  • Investoren, die vom moderaten Kapitalertragsteuersatz profitieren möchten

Allerdings ist die Türkische Lira in den letzten Jahren erheblichen Schwankungen unterworfen gewesen, was die Planbarkeit beeinträchtigen kann. Zudem solltest du die politische und wirtschaftliche Situation im Blick behalten.

1. Steuerresidenz und Steuerpflicht

Wann wirst du in der Türkei steuerpflichtig?

Die Steuerresidenz in der Türkei wird nach zwei Hauptkriterien bestimmt:

183-Tage-Regel: Du giltst als steuerlich ansässig, wenn du dich mehr als sechs Monate (183 Tage) in einem Kalenderjahr ununterbrochen in der Türkei aufhältst. Dabei zählen auch kurze Unterbrechungen von maximal 30 Tagen mit, sodass du faktisch nicht aus der Türkei ausreisen musst, um die Steuerresidenz zu begründen.

Lebensmittelpunkt: Alternativ kannst du auch steuerlich ansässig werden, wenn sich dein Lebensmittelpunkt in der Türkei befindet – etwa durch eine dauerhafte Wohnung, Familie oder geschäftliche Aktivitäten. Die türkischen Behörden legen hier einen etwas lockereren Maßstab an als deutsche Finanzämter.

Unbeschränkte vs. beschränkte Steuerpflicht

Als unbeschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz in der Türkei musst du dein weltweites Einkommen versteuern – egal ob aus türkischen oder ausländischen Quellen.

Als beschränkt Steuerpflichtiger ohne Wohnsitz in der Türkei werden nur deine türkischen Einkünfte besteuert (etwa Mieteinnahmen aus türkischen Immobilien oder Einkommen aus türkischen Geschäftsaktivitäten).

Doppelbesteuerungsabkommen

Die Türkei hat Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland, Österreich und der Schweiz abgeschlossen. Diese verhindern, dass du auf dasselbe Einkommen in beiden Ländern Steuern zahlen musst.

DBA mit Deutschland: Das Abkommen regelt, welcher Staat das Besteuerungsrecht für welche Einkunftsart hat. Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung dürfen beispielsweise nur in Deutschland besteuert werden, während Einkünfte aus selbstständiger Arbeit grundsätzlich im Tätigkeitsstaat besteuert werden.

DBA mit Österreich und der Schweiz: Ähnliche Regelungen gelten für Österreich und die Schweiz, wobei es im Detail Unterschiede gibt – insbesondere bei Pensionen und Kapitalerträgen.

Wegzugsbesteuerung aus DACH-Ländern

Wenn du aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz in die Türkei auswanderst, solltest du die Wegzugsbesteuerung beachten:

Deutschland: Bei Wegzug mit wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (ab 1 % Beteiligung) kann eine Wegzugsbesteuerung auf nicht realisierte Wertsteigerungen anfallen. Diese kann unter Umständen gestundet werden.

Österreich: Auch Österreich kennt eine Wegzugsbesteuerung bei Beteiligungen und anderen Wirtschaftsgütern. Die Regelungen sind komplex und erfordern frühzeitige Planung.

Schweiz: Die Schweiz erhebt keine allgemeine Wegzugsbesteuerung, kann aber bei Aufgabe des Wohnsitzes auf bestimmte aufgeschobene Steuern (etwa aus Pensionskassenguthaben) zugreifen.

Wichtig: Melde deinen Wegzug ordnungsgemäß bei den deutschen, österreichischen oder schweizerischen Behörden an und kläre deine steuerliche Situation vor der Ausreise. Die türkischen Behörden benötigen für die Steuerregistrierung oft eine Abmeldebescheinigung aus deinem Herkunftsland.

2. Einkommensteuer

Allgemeine Struktur

Die türkische Einkommensteuer (Gelir Vergisi) ist progressiv gestaffelt und umfasst sieben Steuerstufen. Die Steuersätze werden regelmäßig an die Inflation angepasst, weshalb sich die Schwellenwerte jährlich ändern können.

Steuersätze 2024:

  • Bis 110.000 TRY: 15 %
  • 110.000 bis 230.000 TRY: 20 %
  • 230.000 bis 580.000 TRY: 27 %
  • 580.000 bis 3.000.000 TRY: 35 %
  • 3.000.000 bis 6.600.000 TRY: 40 %
  • 6.600.000 bis 30.000.000 TRY: 45 %
  • Über 30.000.000 TRY: 50 %

Grundfreibetrag: Es gibt einen steuerfreien Grundfreibetrag, der sich jährlich ändert. Für 2024 liegt dieser bei etwa 110.000 TRY (ca. 3.200 Euro bei aktuellem Kurs). Allerdings musst du die Volatilität der Türkischen Lira berücksichtigen – Eurobeträge können erheblich schwanken.

Steuerjahr: Das Steuerjahr entspricht dem Kalenderjahr (1. Januar bis 31. Dezember).

Zahlungsmodalitäten: Die Einkommensteuer wird in der Regel monatlich im Wege des Quellensteuerabzugs (bei Arbeitnehmern) oder vierteljährlich durch Vorauszahlungen (bei Selbstständigen) entrichtet. Die endgültige Steuererklärung ist bis Ende März des Folgejahres einzureichen.

Arbeitnehmer

Als Arbeitnehmer in der Türkei wird deine Lohnsteuer direkt vom Arbeitgeber einbehalten – ähnlich wie in Deutschland.

Lohnsteuer und Abzugsverfahren:

Dein Arbeitgeber berechnet die monatliche Lohnsteuer nach den progressiven Steuersätzen und führt sie direkt an das Finanzamt ab. Du erhältst eine monatliche Gehaltsabrechnung, auf der alle Abzüge aufgeführt sind.

Sozialversicherungsbeiträge:

Neben der Lohnsteuer werden folgende Sozialversicherungsbeiträge vom Bruttogehalt abgezogen:

  • Rentenversicherung: ca. 9 % (Arbeitnehmeranteil)
  • Krankenversicherung: ca. 5 % (Arbeitnehmeranteil)
  • Arbeitslosenversicherung: ca. 1 % (Arbeitnehmeranteil)

Insgesamt liegt die Belastung durch Sozialabgaben bei etwa 15 % für Arbeitnehmer – deutlich niedriger als in Deutschland (ca. 20 %), Österreich (ca. 18 %) oder der Schweiz (variiert je nach Kanton).

Absetzbare Werbungskosten:

Du kannst bestimmte Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen:

  • Berufsbedingte Fortbildungskosten
  • Gewerkschaftsbeiträge
  • Fachliteratur und Arbeitsmittel

Die Anerkennung ist allerdings restriktiver als in Deutschland, und viele Arbeitnehmer nutzen lediglich den Pauschbetrag.

Pendlerpauschale/Fahrtkosten:

Es gibt keine vergleichbare Pendlerpauschale wie in Deutschland. Fahrtkosten können nur in begrenztem Umfang abgesetzt werden, wenn sie vom Arbeitgeber nicht erstattet werden.

Digitale Nomaden

Die Türkei hat zwar kein spezielles Visum für digitale Nomaden, doch das reguläre Touristenvisum erlaubt Aufenthalte von bis zu 90 Tagen in 180 Tagen für viele Nationalitäten (einschließlich Deutscher, Österreicher und Schweizer). Für längere Aufenthalte benötigst du eine Aufenthaltsgenehmigung (İkamet).

Besteuerung ausländischer Einkünfte:

Wenn du als digitaler Nomade in der Türkei steuerlich ansässig wirst (mehr als 183 Tage), musst du theoretisch dein weltweites Einkommen versteuern – auch wenn du für ausländische Kunden oder Plattformen arbeitest. In der Praxis ist die Durchsetzung bei kurzfristigen Aufenthalten allerdings schwierig.

Home-Office-Regelungen:

Es gibt keine spezifischen Regelungen für Home-Office-Tätigkeiten aus der Türkei für ausländische Arbeitgeber. Du solltest aber prüfen, ob dein ausländischer Arbeitgeber durch deine Tätigkeit in der Türkei eine Betriebsstätte begründet – das kann zu komplexen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Fragen führen.

Nachweispflichten:

Wenn du Einkünfte aus dem Ausland erzielst und in der Türkei steuerlich ansässig bist, musst du diese in deiner türkischen Steuererklärung angeben. Die türkischen Behörden können Nachweise über deine ausländischen Einkünfte verlangen – etwa Verträge, Überweisungsbelege oder Bescheinigungen von Plattformen.

Praxistipp: Viele digitale Nomaden bleiben unter 183 Tagen in der Türkei und vermeiden so die Steuerresidenz. Wenn du längerfristig bleiben möchtest, solltest du die steuerliche Situation mit einem auf internationales Steuerrecht spezialisierten Berater klären.

Selbstständige/Unternehmer

Als Selbstständiger oder Unternehmer in der Türkei hast du mehrere Optionen:

Besteuerung von Unternehmensgewinnen:

Wenn du als Einzelunternehmer (Şahıs Şirketi) tätig bist, werden deine Gewinne wie Einkommen versteuert – also nach den progressiven Einkommensteuersätzen von 15 % bis 50 %.

Körperschaftsteuer bei Firmengründung:

Wenn du eine Kapitalgesellschaft (Limited Şirket oder Anonim Şirket) gründest, zahlst du Körperschaftsteuer auf den Unternehmensgewinn:

  • Körperschaftsteuersatz: 25 % (für 2024 geplant, kann sich ändern)
  • Zusätzliche Gewinnausschüttungssteuer: 10 % bei Dividendenausschüttung an die Gesellschafter

Diese Kombination führt zu einer Gesamtbelastung von etwa 32,5 % auf ausgeschüttete Gewinne – niedriger als in Deutschland, aber höher als in vielen klassischen Steueroasen.

Gewerbesteuer:

Es gibt keine separate Gewerbesteuer wie in Deutschland. Allerdings können lokale Gemeinden bestimmte Abgaben erheben (z. B. für Gewerbeanmeldungen oder Schilder).

Buchführungspflichten:

Abhängig von Umsatz und Rechtsform gelten unterschiedliche Buchführungspflichten:

  • Kleinunternehmer mit geringem Umsatz: Vereinfachte Einnahmen-Überschuss-Rechnung
  • Größere Unternehmen und Kapitalgesellschaften: Doppelte Buchführung mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung

Die Bücher müssen auf Türkisch geführt werden, was für ausländische Unternehmer eine Herausforderung sein kann. Die meisten beauftragen einen lokalen Steuerberater (Mali Müşavir).

Absetzbare Betriebsausgaben:

Du kannst alle betrieblich veranlassten Ausgaben absetzen:

  • Miete für Geschäftsräume
  • Büromaterial und Ausstattung
  • Reisekosten
  • Marketing und Werbung
  • Gehälter für Mitarbeiter
  • Beratungskosten

Die türkischen Behörden sind bei der Anerkennung von Betriebsausgaben relativ pragmatisch, verlangen aber ordentliche Belege.

Finanziell Unabhängige/Investoren

Wenn du von Kapitalerträgen lebst, ist die Türkei steuerlich durchaus interessant – zumindest im Vergleich zu den DACH-Ländern.

Kapitalertragssteuer:

Kapitalerträge werden mit einem pauschalen Quellensteuersatz besteuert:

  • Zinsen auf Bankeinlagen (türkische Banken): 10 bis 15 % (abhängig von der Laufzeit)
  • Dividenden türkischer Unternehmen: 10 %
  • Zinsen auf ausländische Einlagen: 15 %
  • Dividenden ausländischer Unternehmen: 15 %

Besteuerung von Kursgewinnen:

Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren sind steuerpflichtig:

  • Aktienverkäufe: In der Regel steuerfrei bei Privatanlegern, wenn die Aktien an der Istanbul Stock Exchange gehandelt werden
  • Ausländische Aktien: 15 % auf realisierte Gewinne
  • Kryptowährungen: Noch nicht eindeutig geregelt, aber voraussichtlich als Kapitalgewinn mit 15 % zu versteuern

Immobilienertragsteuer:

Mieteinnahmen aus Immobilien werden als Einkommen versteuert (siehe Einkommensteuertarif). Beim Verkauf fällt eine Wertzuwachssteuer an (siehe Abschnitt 5).

Freibeträge für Kapitalerträge:

Es gibt nur begrenzte Freibeträge für Kapitalerträge – deutlich weniger als in Deutschland (Sparerpauschbetrag 1.000 Euro). Kleinere Zinseinnahmen bleiben praktisch steuerfrei, wenn sie unter dem allgemeinen Grundfreibetrag liegen.

Besonderheiten bei ausländischen Depots:

Wenn du Kapitalerträge aus ausländischen Depots erzielst, musst du diese selbst in deiner türkischen Steuererklärung angeben. Eine automatische Meldung wie im Rahmen des Common Reporting Standard (CRS) erfolgt zwar, aber die Durchsetzung ist weniger strikt als in den DACH-Ländern.

Praxistipp: Viele Auswanderer behalten ihre ausländischen Depots und geben die Erträge korrekt in der Türkei an. Durch die niedrigeren Steuersätze (15 % statt bis zu 28 % in Deutschland) ergibt sich eine Ersparnis.

Rentner

Die Türkei ist ein beliebtes Auswanderungsziel für Rentner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – nicht zuletzt wegen der niedrigeren Lebenshaltungskosten und des milden Klimas an der Südküste.

Besteuerung gesetzlicher Renten aus Deutschland:

Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Türkei werden deutsche gesetzliche Renten (aus der Deutschen Rentenversicherung) nur in Deutschland besteuert – auch wenn du in der Türkei lebst. Du erhältst deine Rente brutto ausgezahlt und musst in Deutschland eine beschränkte Steuererklärung abgeben. Der Besteuerungsanteil richtet sich nach deinem Renteneintrittsalter (für 2024: 83 %).

Wichtig: Deutschland behält das Besteuerungsrecht, auch wenn du in der Türkei ansässig bist. Die türkischen Behörden dürfen diese Renten nicht noch einmal besteuern.

Besteuerung gesetzlicher Renten aus Österreich:

Auch österreichische gesetzliche Renten dürfen nach dem DBA nur in Österreich besteuert werden. Du solltest dich beim österreichischen Finanzamt als beschränkt steuerpflichtig anmelden.

Besteuerung gesetzlicher Renten aus der Schweiz:

Schweizer AHV-Renten (Alters- und Hinterlassenenversicherung) werden nur in der Schweiz besteuert. Die Quellensteuer wird direkt von der Rentenauszahlung abgezogen.

Besteuerung privater Renten/Pensionen:

Private Renten und Betriebspensionen werden anders behandelt:

  • Private Rentenversicherungen: In der Türkei steuerpflichtig mit dem regulären Einkommensteuertarif
  • Betriebspensionen: Je nach DBA unterschiedlich geregelt – oft Besteuerung im Wohnsitzstaat (Türkei)

Doppelbesteuerungsabkommen für Renten:

Die DBA regeln genau, welches Land welche Art von Rente besteuern darf. Generell gilt:

  • Gesetzliche Sozialversicherungsrenten: Quellenstaat (z. B. Deutschland)
  • Private Renten und Betriebspensionen: Wohnsitzstaat (Türkei)
  • Beamtenpensionen: Grundsätzlich im Quellenstaat (also dem Land, das die Pension zahlt)

Altersfreibeträge:

Die Türkei gewährt keine nennenswerten Altersfreibeträge. Der allgemeine Grundfreibetrag gilt auch für Rentner, aber darüber hinaus gibt es keine zusätzlichen Vergünstigungen.

Praxisbeispiel:

Du beziehst eine deutsche Rente von 1.800 Euro monatlich (21.600 Euro jährlich) und eine private Rentenversicherung von 500 Euro monatlich (6.000 Euro jährlich).

  • Die gesetzliche Rente von 21.600 Euro wird in Deutschland besteuert (Besteuerungsanteil 83 % = ca. 17.928 Euro, abzüglich Werbungskostenpauschbetrag von 102 Euro = 17.826 Euro). Bei einem Grundfreibetrag von 11.604 Euro (2024) werden etwa 6.222 Euro versteuert. Bei einem Steuersatz von ca. 10 bis 15 % ergibt das ca. 600 bis 900 Euro deutsche Steuer.
  • Die private Rente von 6.000 Euro wird in der Türkei versteuert. In Türkischer Lira umgerechnet (ca. 200.000 TRY bei einem Kurs von 33 TRY/EUR) und unter Berücksichtigung des Grundfreibetrags von 110.000 TRY ergibt sich eine Steuerlast von 15 % auf 90.000 TRY = 13.500 TRY (ca. 410 Euro).

Gesamtsteuerbelastung: ca. 1.000 bis 1.300 Euro jährlich – deutlich weniger als bei Wohnsitz in Deutschland.

3. Vermögensteuer

Gute Nachricht: Die Türkei erhebt keine allgemeine Vermögensteuer auf das Gesamtvermögen von Privatpersonen. Anders als in der Schweiz (Vermögenssteuer in den meisten Kantonen) oder in Spanien (Vermögensteuer für Steuerresidenten) musst du dein Vermögen nicht jährlich deklarieren und darauf Steuern zahlen.

Es gibt lediglich spezifische Steuern auf bestimmte Vermögenswerte:

  • Immobilien: Jährliche Grundsteuer (siehe Abschnitt 5)
  • Kraftfahrzeuge: Jährliche Kfz-Steuer
  • Luxusgüter: Einmalige Sondersteuern beim Erwerb (z. B. für Yachten)

Diese Einzelsteuern sind jedoch nicht als Vermögensteuer im eigentlichen Sinne zu verstehen.

4. Kapitalertragssteuer

Die Kapitalertragssteuer in der Türkei ist im Vergleich zu den DACH-Ländern moderat und wird als Quellensteuer erhoben.

Steuersätze für verschiedene Anlageformen:

  • Zinsen auf Bankeinlagen: 10 bis 15 % (je nach Laufzeit – längere Laufzeiten werden niedriger besteuert)
  • Dividenden türkischer Aktiengesellschaften: 10 %
  • Dividenden ausländischer Aktien: 15 %
  • Verkauf von Aktien an der Istanbul Stock Exchange: steuerfrei für Privatanleger
  • Verkauf ausländischer Aktien: 15 % auf realisierte Gewinne
  • Verkauf von Anleihen: 10 %
  • Kryptowährungen: noch nicht eindeutig geregelt, vermutlich 15 % auf Gewinne

Quellensteuer:

Die Quellensteuer wird direkt von der Bank oder dem Broker einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Du musst keine separate Steuererklärung für diese Einkünfte abgeben, wenn die Quellensteuer korrekt einbehalten wurde.

Anrechnung ausländischer Quellensteuer:

Wenn du Kapitalerträge aus dem Ausland erhältst, auf die dort bereits Quellensteuer einbehalten wurde, kannst du diese in der Türkei anrechnen lassen – allerdings maximal bis zur Höhe der türkischen Steuer.

Beispiel: Du erhältst eine Dividende aus Deutschland. Deutschland behält 25 % Quellensteuer ein. In der Türkei wären nur 15 % fällig. Du kannst die 10 % Differenz nicht erstattet bekommen, aber die türkische Steuer ist durch die deutsche Quellensteuer bereits abgegolten.

Meldepflichten:

Kapitalerträge aus türkischen Quellen müssen nicht separat gemeldet werden, wenn die Quellensteuer einbehalten wurde. Ausländische Kapitalerträge musst du hingegen in deiner jährlichen Steuererklärung angeben.

5. Immobiliensteuer

Immobilien sind in der Türkei – insbesondere an der Küste – ein beliebtes Investment für Auswanderer. Die Besteuerung ist vergleichsweise moderat.

Grundsteuer (Emlak Vergisi):

Die jährliche Grundsteuer beträgt:

  • Wohnimmobilien: 0,1 bis 0,3 % des Grundstückswerts (je nach Gemeinde und Lage)
  • Gewerbliche Immobilien: 0,2 bis 0,6 % des Grundstückswerts

Die Bemessungsgrundlage ist der Katasterwert, der oft deutlich unter dem Marktwert liegt. In der Praxis liegt die jährliche Grundsteuer für eine Wohnung oft bei nur 100 bis 300 Euro.

Grunderwerbsteuer beim Kauf:

Beim Kauf einer Immobilie fällt eine Grunderwerbsteuer von 4 % auf den Kaufpreis an. Diese wird hälftig zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt (je 2 %), sofern nichts anderes vereinbart ist.

Wertzuwachssteuer beim Verkauf:

Verkaufst du eine Immobilie innerhalb von fünf Jahren nach dem Kauf mit Gewinn, musst du den Gewinn versteuern:

  • Bei Verkauf innerhalb von 5 Jahren: Wertzuwachssteuer nach dem normalen Einkommensteuertarif (15 bis 50 %)
  • Bei Verkauf nach mehr als 5 Jahren: steuerfrei

Diese Regelung ist ähnlich wie die Spekulationsfrist in Deutschland (10 Jahre) oder Österreich (auch Spekulationsfrist), aber mit kürzerer Haltefrist.

Vermietungseinkünfte:

Mieteinnahmen werden als Einkommen versteuert und dem normalen Einkommensteuertarif unterworfen. Du kannst folgende Ausgaben abziehen:

  • Reparatur- und Instandhaltungskosten
  • Gebäudeversicherung
  • Hausverwaltungskosten
  • Grundsteuer
  • Abschreibungen auf das Gebäude

Steuervorteile bei Eigennutzung:

Wenn du eine Immobilie selbst bewohnst, sind Mieteinnahmen natürlich nicht relevant. Beim Verkauf profitierst du von der steuerfreien Veräußerung nach fünf Jahren – selbst wenn du die Immobilie vermietet hast.

Praxistipp: Viele Auswanderer kaufen eine Immobilie an der türkischen Küste als Altersruhesitz. Die niedrigen Grundsteuern und die Steuerfreiheit nach fünf Jahren machen dies steuerlich attraktiv.

6. Erbschafts- und Schenkungssteuer

Die Türkei erhebt eine moderate Erbschafts- und Schenkungssteuer, die nach Verwandtschaftsgrad gestaffelt ist.

Steuersätze nach Verwandtschaftsgrad:

Die Türkei unterscheidet drei Gruppen:

Gruppe I (Ehegatten, Kinder, Eltern):

  • Bis 1.000.000 TRY: 1 %
  • 1.000.000 bis 3.000.000 TRY: 3 %
  • 3.000.000 bis 6.200.000 TRY: 5 %
  • 6.200.000 bis 14.600.000 TRY: 7 %
  • Über 14.600.000 TRY: 10 %

Gruppe II (Geschwister, Großeltern, Enkel):

  • Bis 500.000 TRY: 10 %
  • 500.000 bis 1.500.000 TRY: 15 %
  • 1.500.000 bis 3.100.000 TRY: 20 %
  • 3.100.000 bis 7.300.000 TRY: 25 %
  • Über 7.300.000 TRY: 30 %

Gruppe III (sonstige Personen):

  • Bis 500.000 TRY: 20 %
  • 500.000 bis 1.500.000 TRY: 25 %
  • 1.500.000 bis 3.100.000 TRY: 30 %
  • 3.100.000 bis 7.300.000 TRY: 35 %
  • Über 7.300.000 TRY: 40 %

Freibeträge:

Die Freibeträge sind in den oben genannten Schwellenwerten bereits berücksichtigt. Zusätzlich gibt es einen allgemeinen Freibetrag von ca. 455.000 TRY (ca. 13.800 Euro, Stand 2024), der sich jährlich mit der Inflation ändert.

Bewertung von Vermögen:

Immobilien werden mit dem Katasterwert bewertet, der oft unter dem Marktwert liegt. Wertpapiere und Bankguthaben werden mit dem aktuellen Marktwert angesetzt.

Internationale Aspekte:

Wenn du in der Türkei ansässig bist, unterliegt dein weltweites Vermögen der türkischen Erbschaftssteuer – unabhängig davon, wo sich die Vermögenswerte befinden. Allerdings können Doppelbesteuerungsabkommen eine Rolle spielen:

  • Deutschland: Das DBA mit Deutschland regelt nicht die Erbschaftssteuer. Es kann zu einer Doppelbesteuerung kommen, die aber durch Anrechnung gemildert wird.
  • Österreich und Schweiz: Ähnliche Situation – keine spezifischen Regelungen zur Erbschaftssteuer im DBA.

Praxistipp: Wenn du erhebliches Vermögen hast, solltest du deine Nachlassplanung mit einem spezialisierten Anwalt durchgehen. Unter Umständen kann die Errichtung von Trusts oder Stiftungen im Ausland sinnvoll sein.

7. Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer

Die türkische Mehrwertsteuer (Katma Değer Vergisi – KDV) entspricht der deutschen oder österreichischen Umsatzsteuer.

Regelsteuersatz und ermäßigte Sätze:

  • Regelsteuersatz: 20 %
  • Ermäßigter Satz I: 10 % (gilt für bestimmte Lebensmittel, Medikamente, Bücher, Zeitungen, einige Dienstleistungen)
  • Ermäßigter Satz II: 1 % (gilt für landwirtschaftliche Grundstoffe und einige Grundnahrungsmittel)

Die Sätze sind höher als in Deutschland (19 % bzw. 7 %) oder der Schweiz (7,7 % bzw. 2,5 %), aber niedriger als in vielen südeuropäischen Ländern.

Kleinunternehmerregelung:

Wenn dein Jahresumsatz unter etwa 500.000 TRY (ca. 15.000 Euro) liegt, kannst du von der Umsatzsteuer befreit werden. Du stellst dann keine Umsatzsteuer in Rechnung, kannst aber auch keine Vorsteuer geltend machen.

Umsatzsteuerpflicht für Unternehmer:

Als Unternehmer musst du:

  • Monatlich eine Umsatzsteuererklärung abgeben (bei größeren Unternehmen)
  • Die Umsatzsteuer bis zum 26. des Folgemonats zahlen
  • Vorsteuer aus Eingangsrechnungen geltend machen

Reverse-Charge-Verfahren:

Bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen gilt das Reverse-Charge-Verfahren: Der Leistungsempfänger schuldet die Umsatzsteuer (nicht der Leistende). Das ist besonders relevant, wenn du als türkischer Unternehmer Dienstleistungen von ausländischen Anbietern beziehst.

8. Weitere relevante Steuern

Luxussteuer (Özel Tüketim Vergisi – ÖTV):

Die Türkei erhebt hohe Sondersteuern auf Luxusgüter:

  • Automobile: 45 bis 220 % (abhängig von Hubraum und Wert) – deutlich höher als in den DACH-Ländern
  • Motorräder: 12 bis 50 %
  • Alkohol: 65 %
  • Tabak: ca. 70 %
  • Flugtickets: 15 % (bei Inlandsflügen)

Diese Steuern werden beim Kauf fällig und erhöhen die Anschaffungskosten erheblich. Ein importiertes Auto kann durch die Luxussteuer doppelt so teuer werden wie der Listenpreis.

Kfz-Steuer (Motorlu Taşıtlar Vergisi – MTV):

Die jährliche Kfz-Steuer richtet sich nach Fahrzeugtyp, Alter und Hubraum:

  • PKW: ca. 1.500 bis 15.000 TRY jährlich (ca. 45 bis 450 Euro, abhängig vom Alter und Hubraum)
  • Motorräder: ca. 300 bis 3.000 TRY jährlich
  • Wohnmobile: ähnlich wie PKW

Die Steuer wird jährlich im Januar oder in zwei Raten (Januar und Juli) fällig.

Touristensteuer (Konaklama Vergisi):

Für Übernachtungen in Hotels und Ferienwohnungen wird eine Touristensteuer erhoben – typischerweise 1 bis 3 % auf den Übernachtungspreis. Diese Steuer trifft dich als Dauerbewohner nicht, ist aber relevant, wenn du touristische Unterkünfte vermietest.

Sondersteuern:

  • Banken- und Versicherungssteuer: 5 % auf Bankdienstleistungen und Versicherungsprämien (außer Kfz- und Krankenversicherungen)
  • Stempelsteuer: Auf bestimmte Verträge und Dokumente (z. B. 0,189 % auf Mietverträge, 0,948 % auf Kredite)

9. Steueroptimierung für Auswanderer

Die Türkei bietet durchaus Spielraum für legale Steuergestaltung – wenn du die Regeln kennst und strategisch vorgehst.

Legale Gestaltungsmöglichkeiten:

  1. Wahl der Rechtsform: Wenn du unternehmerisch tätig bist, kann die Wahl zwischen Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaft erheblichen Einfluss haben. Bei hohen Gewinnen kann eine Limited Şirket steuerlich günstiger sein (25 % Körperschaftsteuer plus 10 % Ausschüttungssteuer = 32,5 % Gesamtbelastung), während bei niedrigen Gewinnen das Einzelunternehmen mit den niedrigeren Einkommensteuersätzen attraktiver ist.
  2. Gewinnthesaurierung: Wenn du eine Kapitalgesellschaft hast, kannst du Gewinne im Unternehmen belassen und die zusätzliche Ausschüttungssteuer von 10 % vermeiden – zumindest temporär. Das ist sinnvoll, wenn du das Kapital ohnehin im Unternehmen reinvestieren möchtest.
  3. Immobilien langfristig halten: Halte Immobilien länger als fünf Jahre, um von der steuerfreien Veräußerung zu profitieren.
  4. Kapitalerträge optimieren: Nutze die niedrigen Quellensteuersätze auf Kapitalerträge (10 bis 15 %) durch geschickte Anlageplanung. Langfristige Bankeinlagen mit höherer Laufzeit werden niedriger besteuert (10 % statt 15 %).

Timing des Umzugs:

Der Zeitpunkt deines Umzugs kann erhebliche Auswirkungen haben:

  • Renteneintritt: Wenn du kurz vor dem Renteneintritt stehst, kann es sinnvoll sein, noch in Deutschland, Österreich oder der Schweiz zu bleiben, bis die Rente beginnt – insbesondere wenn du von der Besteuerung im Quellenstaat profitierst.
  • Realisierung von Veräußerungsgewinnen: Wenn du größere Aktienpakete oder Immobilien verkaufen willst, prüfe, ob ein Verkauf vor oder nach dem Umzug günstiger ist. Die Spekulationsfristen unterscheiden sich zwischen den Ländern.
  • Kalenderjahr beachten: Wandere idealerweise zu Beginn eines Kalenderjahres aus, um klare steuerliche Verhältnisse zu schaffen.

Günstige Unternehmensformen:

Für Unternehmer sind Limited Şirket (GmbH-Ähnlich) oder Anonim Şirket (AG-Ähnlich) die gängigen Formen. Die Limited Şirket ist einfacher zu gründen und erfordert ein Mindestkapital von 10.000 TRY (ca. 300 Euro). Die Anonim Şirket erfordert mindestens 50.000 TRY (ca. 1.500 Euro).

Nutzung von Steuerfreibeträgen:

Nutze den allgemeinen Grundfreibetrag (110.000 TRY für 2024) und strukturiere deine Einkünfte so, dass du in niedrigere Steuerstufen fällst – etwa durch Aufteilung auf mehrere Jahre oder durch geschickte Kombination verschiedener Einkunftsarten.

Holding-Strukturen:

Für größere Investoren kann eine türkische Holding-Gesellschaft sinnvoll sein, um Beteiligungen zu bündeln und von der Beteiligungsertragsbefreiung zu profitieren. Dividenden von Tochtergesellschaften an die Holding sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Das ist vergleichbar mit deutschen oder österreichischen Holding-Modellen.

Warnung: Alle Gestaltungsmaßnahmen sollten mit einem türkischen Steuerberater (Mali Müşavir) abgestimmt werden. Aggressive Steuergestaltung kann zu Problemen mit den Behörden führen – insbesondere wenn sie als Steuerhinterziehung gewertet wird.

10. Steuererklärung und Fristen

Abgabefristen:

Die jährliche Einkommensteuererklärung (Gelir Vergisi Beyannamesi) muss bis Ende März des Folgejahres eingereicht werden. Für das Steuerjahr 2025 ist die Frist also der 31. März 2026.

  • Verlängerung: Eine Fristverlängerung ist möglich, muss aber vorher beantragt werden.
  • Vorauszahlungen: Selbstständige und Unternehmer müssen vierteljährlich Vorauszahlungen leisten (bis zum 17. des zweiten Monats jedes Quartals).

Benötigte Unterlagen:

Für die Steuererklärung benötigst du:

  • Gehaltsnachweise oder Gewinnermittlung
  • Nachweise über Kapitalerträge (Kontoauszüge, Depotauszüge)
  • Belege für absetzbare Ausgaben (Werbungskosten, Betriebsausgaben)
  • Immobilienerträge und -aufwendungen
  • Nachweise über ausländische Einkünfte

Online-Portale:

Die türkische Steuerverwaltung bietet ein umfassendes Online-Portal (İnteraktif Vergi Dairesi) für die elektronische Abgabe von Steuererklärungen. Du benötigst dafür:

  • Eine Steuernummer (Vergi Numarası)
  • Einen elektronischen Zugang (e-Şifre oder mobiles Zertifikat)

Die meisten Formulare können digital ausgefüllt und eingereicht werden. Das System ist auf Türkisch, weshalb viele Ausländer einen Steuerberater beauftragen.

Notwendigkeit eines Steuerberaters:

Für einfache Arbeitnehmerfälle ist ein Steuerberater nicht zwingend notwendig – die Lohnsteuer wird ohnehin vom Arbeitgeber einbehalten. Für Selbstständige, Unternehmer und Investoren ist ein türkischer Steuerberater (Mali Müşavir) jedoch dringend empfohlen:

  • Komplexe Buchführungspflichten
  • Sprachbarriere
  • Kenntnis der aktuellen Gesetzeslage (die sich häufig ändert)
  • Vertretung gegenüber den Behörden

Die Kosten für einen Steuerberater liegen bei etwa 1.000 bis 3.000 TRY monatlich (ca. 30 bis 90 Euro) für kleinere Unternehmen – deutlich niedriger als in Deutschland.

Strafen bei Verspätung:

Verspätete oder fehlerhafte Steuererklärungen können zu empfindlichen Strafen führen:

  • Verspätungszuschlag: 10 bis 50 % der geschuldeten Steuer (abhängig von der Verspätung)
  • Zinsen: Monatliche Verzugszinsen von ca. 3 bis 5 % (variiert mit der Inflation)
  • Steuerstrafverfahren: Bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung drohen hohe Geldstrafen oder sogar Haftstrafen

Praxistipp: Reiche deine Steuererklärung rechtzeitig ein, auch wenn du noch nicht alle Unterlagen vollständig hast. Du kannst später eine berichtigte Erklärung nachreichen, aber eine verspätete Ersteinreichung führt automatisch zu Strafen.

11. Sozialversicherungsbeiträge

Die Sozialversicherungsbeiträge in der Türkei sind deutlich niedriger als in den DACH-Ländern – ein wichtiger Faktor für die Gesamtbelastung.

Krankenversicherung (Sağlık Sigortası):

  • Arbeitnehmeranteil: ca. 5 % des Bruttogehalts
  • Arbeitgeberanteil: ca. 7,5 % des Bruttogehalts

Als Selbstständiger zahlst du den vollen Beitrag selbst (12,5 %), der sich am Mindestlohn orientiert – also etwa 500 bis 700 TRY monatlich (ca. 15 bis 20 Euro).

Die staatliche Krankenversicherung deckt Grundleistungen ab, aber viele Auswanderer schließen zusätzlich eine private Krankenversicherung ab – insbesondere wenn sie Wert auf deutschsprachige Ärzte oder Behandlungen in privaten Krankenhäusern legen.

Rentenversicherung (Emeklilik Sigortası):

  • Arbeitnehmeranteil: ca. 9 % des Bruttogehalts
  • Arbeitgeberanteil: ca. 11 % des Bruttogehalts

Als Selbstständiger zahlst du ebenfalls einen Beitrag, der sich am Mindestlohn orientiert – etwa 1.000 bis 1.500 TRY monatlich (ca. 30 bis 45 Euro).

Die türkische Rente ist vergleichsweise niedrig, weshalb viele Auswanderer auf ihre Renten aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz angewiesen sind. Du kannst freiwillig höhere Beiträge zahlen, um deine spätere Rente zu erhöhen.

Arbeitslosenversicherung (İşsizlik Sigortası):

  • Arbeitnehmeranteil: ca. 1 % des Bruttogehalts
  • Arbeitgeberanteil: ca. 2 % des Bruttogehalts

Als Selbstständiger bist du nicht arbeitslosenversichert.

Pflegeversicherung:

Eine separate Pflegeversicherung wie in Deutschland gibt es in der Türkei nicht. Pflegeleistungen sind entweder privat zu tragen oder werden über die Krankenversicherung bzw. die Familie abgedeckt.

Gesamtbelastung vs. DACH-Länder:

Die Gesamtbelastung aus Steuern und Sozialabgaben ist in der Türkei niedriger:

Türkei (Arbeitnehmer):

  • Einkommensteuer: 15 bis 50 % (progressiv)
  • Sozialabgaben: ca. 15 %
  • Gesamtbelastung: ca. 30 bis 65 % (abhängig vom Einkommen)

Deutschland (Arbeitnehmer):

  • Einkommensteuer: 14 bis 45 % (progressiv)
  • Solidaritätszuschlag: 5,5 % der Einkommensteuer (für höhere Einkommen)
  • Sozialabgaben: ca. 20 %
  • Kirchensteuer: 8 bis 9 % der Einkommensteuer (optional)
  • Gesamtbelastung: ca. 35 bis 50 % (plus Kirchensteuer)

Österreich (Arbeitnehmer):

  • Einkommensteuer: 20 bis 55 % (progressiv)
  • Sozialabgaben: ca. 18 %
  • Gesamtbelastung: ca. 38 bis 73 %

Schweiz (Arbeitnehmer, Kanton Zürich):

  • Einkommensteuer: 10 bis 30 % (kantonal unterschiedlich)
  • Sozialabgaben: ca. 12 %
  • Gesamtbelastung: ca. 22 bis 42 %

Die Türkei ist für niedrige bis mittlere Einkommen steuerlich attraktiver als Deutschland und Österreich, aber weniger attraktiv als die Schweiz. Bei hohen Einkommen (über 100.000 Euro) sind die Unterschiede geringer.

12. Vergleich zu Deutschland/Schweiz/Österreich

Tabellarischer Vergleich Steuerbelastung

SteuerkategorieTürkeiDeutschlandÖsterreichSchweiz (ZH)
Einkommensteuer (max.)50 %45 % + Soli55 %ca. 30 %
Körperschaftsteuer25 %15 % + GewSt23 %ca. 12 bis 21 %
Kapitalertragssteuer10 bis 15 %25 % + Soli27,5 %Einkommensteuer
Dividendensteuer10 %25 % + Soli27,5 %Einkommensteuer
Grunderwerbsteuer4 %3,5 bis 6,5 %3,5 %1 bis 3 %
Grundsteuer0,1 bis 0,3 %0,3 bis 1 %ca. 0,1 bis 0,5 %0,15 bis 0,3 %
Mehrwertsteuer20 % / 10 % / 1 %19 % / 7 %20 % / 10 %7,7 % / 2,5 %
Sozialabgaben ANca. 15 %ca. 20 %ca. 18 %ca. 12 %
Vermögensteuer0 %0 %0 %0,1 bis 1 %
Erbschaftsteuer1 bis 40 %7 bis 50 %0 % (seit 2008)0 bis 50 % (kantonal)

Beispielrechnungen für verschiedene Einkommensklassen

Beispiel 1: Alleinstehender Arbeitnehmer, 30.000 Euro Jahresgehalt

LandEinkommensteuerSozialabgabenNettoAbgabenquote
Türkeica. 2.000 Euroca. 4.500 Euroca. 23.500 Euro21,7 %
Deutschlandca. 4.500 Euroca. 6.000 Euroca. 19.500 Euro35 %
Österreichca. 5.000 Euroca. 5.400 Euroca. 19.600 Euro34,7 %
Schweizca. 2.500 Euroca. 3.600 Euroca. 23.900 Euro20,3 %

Beispiel 2: Selbstständiger, 80.000 Euro Jahresgewinn

LandEinkommensteuerSozialabgabenNettoAbgabenquote
Türkeica. 20.000 Euroca. 5.000 Euroca. 55.000 Euro31,3 %
Deutschlandca. 24.000 Euroca. 10.000 Euroca. 46.000 Euro42,5 %
Österreichca. 26.000 Euroca. 9.000 Euroca. 45.000 Euro43,8 %
Schweizca. 15.000 Euroca. 7.000 Euroca. 58.000 Euro27,5 %

Beispiel 3: Rentner, 24.000 Euro gesetzliche Rente + 10.000 Euro private Rente

LandSteuer auf gesetzliche RenteSteuer auf private RenteGesamtsteuerNetto
Türkeica. 1.200 Euro (in DE)ca. 600 Euroca. 1.800 Euroca. 32.200 Euro
Deutschlandca. 2.500 Euroenthaltenca. 2.500 Euroca. 31.500 Euro
Österreichca. 2.200 Euroenthaltenca. 2.200 Euroca. 31.800 Euro
Schweizca. 1.000 Euroca. 800 Euroca. 1.800 Euroca. 32.200 Euro

Pro und Contra aus steuerlicher Sicht

Pro Türkei:

✅ Niedrigere Sozialabgaben als in DACH-Ländern
✅ Moderate Kapitalertragssteuer (10 bis 15 %)
✅ Keine Vermögensteuer
✅ Niedrige Grundsteuer
✅ Kurze Spekulationsfrist für Immobilien (5 Jahre)
✅ Niedrige Kosten für Steuerberater

Contra Türkei:

❌ Hohe Steuersätze bei sehr hohen Einkommen (bis 50 %)
❌ Hohe Luxussteuer auf Autos und Konsumgüter
❌ Währungsvolatilität (Türkische Lira)
❌ Häufige Gesetzesänderungen und Inflation
❌ Sprachbarriere bei Behörden
❌ Keine Klarheit bei Kryptowährungen

Fazit

Die Türkei kann aus steuerlicher Sicht für bestimmte Auswanderergruppen attraktiv sein – insbesondere für Rentner, digitale Nomaden mit flexiblen Einkünften und Unternehmer mit moderaten Gewinnen. Die Kombination aus niedrigen Sozialabgaben, moderaten Kapitalertragsteuern und keiner Vermögensteuer ist für viele ein Argument.

Für welche Auswanderer-Typen lohnt sich die Türkei steuerlich?

🎯 Rentner: Durch die Besteuerung gesetzlicher Renten im Quellenstaat (z. B. Deutschland) und moderate Steuern auf private Renten kannst du als Rentner steuerlich profitieren. Die niedrigen Lebenshaltungskosten verstärken diesen Vorteil.

🎯 Digitale Nomaden: Wenn du unter 183 Tagen in der Türkei bleibst, vermeidest du die Steuerresidenz. Bei längeren Aufenthalten profitierst du von niedrigeren Steuersätzen auf ausländische Einkünfte – allerdings nur, wenn du diese korrekt deklarierst.

🎯 Unternehmer: Die Kombination aus Körperschaftsteuer (25 %) und Ausschüttungssteuer (10 %) ergibt eine Gesamtbelastung von 32,5 % – niedriger als in Deutschland oder Österreich. Zudem sind die Gründungskosten und laufenden Kosten für Unternehmen moderat.

🎯 Investoren: Die niedrigen Kapitalertragsteuern (10 bis 15 %) machen die Türkei für Kapitalanleger interessant – insbesondere im Vergleich zu Deutschland (26,375 % mit Soli) oder Österreich (27,5 %).

Weniger geeignet ist die Türkei für:

❌ Gutverdiener mit sehr hohen Einkommen (über 200.000 Euro) – hier sind die Steuersätze ähnlich hoch wie in Deutschland oder Österreich
❌ Personen, die auf Stabilität und Vorhersehbarkeit der Steuergesetzgebung angewiesen sind
❌ Menschen, die keine Währungsrisiken eingehen möchten

Wichtigste Punkte zusammengefasst:

  • Die Türkei besteuert Steuerresidenten nach dem Welteinkommensprinzip (183-Tage-Regel).
  • Die Einkommensteuer ist progressiv (15 bis 50 %), die Sozialabgaben liegen bei ca. 15 % für Arbeitnehmer.
  • Kapitalerträge werden mit 10 bis 15 % besteuert – deutlich niedriger als in den DACH-Ländern.
  • Es gibt keine Vermögensteuer, aber moderate Grund- und Erbschaftsteuern.
  • Die Steuererklärung muss bis Ende März des Folgejahres eingereicht werden.
  • Die Währungsvolatilität und häufige Gesetzesänderungen sind Risikofaktoren.

Empfehlung zu professioneller Beratung:

Steuerliche Fragen sind komplex – insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Bevor du auswanderst, solltest du sowohl in deinem Herkunftsland als auch in der Türkei professionelle Beratung in Anspruch nehmen:

  • Steuerberater im Herkunftsland: Kläre die Wegzugsbesteuerung, Rentenbesteuerung und Abmeldung.
  • Türkischer Steuerberater (Mali Müşavir): Unterstützt dich bei der Registrierung, Steuererklärungen und laufenden Compliance.
  • Rechtsanwalt für internationales Steuerrecht: Bei komplexen Vermögensstrukturen, Unternehmensgründungen oder größeren Erbschaften.

Die Kosten für Beratung sind eine lohnende Investition – Fehler können teuer werden und zu Steuernachzahlungen, Strafen oder Doppelbesteuerung führen.


FAQ: Häufige Fragen zum türkischen Steuersystem

1. Muss ich in der Türkei Steuern zahlen, wenn ich nur ein paar Monate im Jahr dort lebe?

Nein, solange du dich weniger als 183 Tage in der Türkei aufhältst und dort keinen Lebensmittelpunkt begründest, bist du nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Du zahlst nur Steuern auf türkische Einkünfte (z. B. Mieteinnahmen aus türkischen Immobilien).

2. Werden meine deutschen, österreichischen oder schweizerischen Renten in der Türkei besteuert?

Gesetzliche Renten aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz werden nach den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen nur im Quellenstaat besteuert – also dort, wo die Rente ausgezahlt wird. Private Renten und Betriebspensionen werden hingegen in der Türkei besteuert.

3. Wie hoch sind die Steuern auf Kapitalerträge in der Türkei?

Kapitalerträge werden mit 10 bis 15 % Quellensteuer belegt – abhängig von der Art der Anlage. Das ist deutlich niedriger als in Deutschland (26,375 % mit Soli), Österreich (27,5 %) oder der Schweiz (Einkommensteuer).

4. Gibt es in der Türkei eine Vermögensteuer?

Nein, die Türkei erhebt keine allgemeine Vermögensteuer auf Privatvermögen. Es gibt lediglich spezifische Steuern wie die Grundsteuer oder Kfz-Steuer.

5. Wie registriere ich mich steuerlich in der Türkei?

Nach deiner Einreise und Anmeldung bei der örtlichen Ausländerbehörde (Göç İdaresi) musst du dich beim zuständigen Finanzamt (Vergi Dairesi) anmelden und eine Steuernummer (Vergi Numarası) beantragen. Du benötigst dafür deinen Reisepass, die Aufenthaltsgenehmigung und eine Wohnsitzbescheinigung.

6. Kann ich als Ausländer in der Türkei ein Unternehmen gründen?

Ja, Ausländer können in der Türkei problemlos Unternehmen gründen – sowohl als Einzelunternehmer als auch als Kapitalgesellschaft (Limited Şirket oder Anonim Şirket). Die Gründung ist vergleichsweise einfach und günstig.

7. Muss ich eine Steuererklärung abgeben, wenn ich nur Arbeitnehmereinkommen habe?

In den meisten Fällen nein – die Lohnsteuer wird direkt vom Arbeitgeber einbehalten und abgeführt. Eine Steuererklärung ist nur erforderlich, wenn du zusätzliche Einkünfte hast (z. B. Mieteinnahmen, Kapitalerträge) oder wenn du Werbungskosten geltend machen möchtest.

Hilfen für einen sorglosen Umzug in die Türkei

Nachfolgend findest du alle Hilfen für deine sorglose Auswanderung in die Türkei, vom ersten Schritt bis zur erfolgreichen Integration. Die Links führen zu den jeweiligen Angeboten, Hilfen und Dienstleistungen.

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Hinweis: Dieser Artikel wurde nach bestem Wissen erstellt, ersetzt aber keine individuelle Steuerberatung. Die türkische Steuergesetzgebung ändert sich häufig, und die Beträge in Türkischer Lira unterliegen starken Schwankungen. Konsultiere vor wichtigen Entscheidungen immer einen qualifizierten Steuerberater.

Letzte Aktualisierung: 2. Dezember 2025 von Jan Harmening