Die Bevölkerung auf Martinique: Kultur, Mentalität und Lebensart der Karibikinsel

Auf Martinique leben rund 360.000 Menschen, die sich hauptsächlich aus Nachfahren afrikanischer Sklaven, europäischen Siedlern und deren Mischlingen zusammensetzen. Die afro-karibische Bevölkerung macht etwa 80 % aus, während Menschen europäischer Abstammung (vor allem französischer Herkunft, genannt „Békés“) circa 5 % stellen. Hinzu kommen Menschen mit gemischter Herkunft sowie kleinere Gruppen von Menschen indischer, libanesischer und chinesischer Abstammung. Diese multikulturelle Mischung prägt das gesellschaftliche Leben auf der Insel nachhaltig.

Die soziale Struktur zeigt noch heute Spuren der kolonialen Vergangenheit. Die kleine Gruppe der Békés kontrolliert traditionell große Teile der Wirtschaft, besonders in den Bereichen Landwirtschaft und Handel. Dies führt gelegentlich zu sozialen Spannungen, auch wenn sich die Gesellschaft insgesamt in Richtung mehr Gleichberechtigung entwickelt.

Martinique Landschaft
Martinique Landschaft

Sprachen auf Martinique

Französisch ist die offizielle Amtssprache und wird in Schulen, Behörden und im formellen Geschäftsleben verwendet. Im Alltag sprechen die meisten Einwohner jedoch Créole (Martinique-Kreolisch), eine auf Französisch basierende Kreolsprache mit afrikanischen, karibischen und anderen Einflüssen. Das Créole ist Ausdruck der kulturellen Identität und wird besonders in familiären und informellen Situationen bevorzugt.

Viele jüngere Menschen und Berufstätige sprechen auch Englisch, besonders in touristischen Bereichen. Dennoch erwarten die Einheimischen von Besuchern und Einwanderern grundlegende Französischkenntnisse – wer sich die Mühe macht, Französisch oder sogar einige Créole-Ausdrücke zu lernen, wird deutlich herzlicher aufgenommen.

Religionen und spirituelle Traditionen

Eine Kirche auf Martinique
Eine Kirche auf Martinique

Die römisch-katholische Kirche dominiert das religiöse Leben auf Martinique mit etwa 85 % der Bevölkerung als Anhänger. Der Katholizismus wurde während der französischen Kolonialzeit etabliert und ist tief in der Kultur verwurzelt. Religiöse Feste wie Weihnachten, Ostern und Allerheiligen werden ausgiebig gefeiert.

Daneben praktizieren einige Menschen synkretistische Religionen, die katholische Elemente mit afrikanischen Traditionen verbinden. Kleinere Gemeinschaften von Protestanten, Zeugen Jehovas, Hindus und Muslimen existieren ebenfalls. Die Religiosität zeigt sich im Alltag durch Kirchenbesuche, religiöse Feste und eine allgemein spirituelle Grundhaltung vieler Einwohner.

Traditionen und kulturelle Eigenheiten

Die martiniquanische Kultur ist eine faszinierende Verschmelzung französischer, afrikanischer und karibischer Traditionen. Der Karneval im Februar/März ist das wichtigste Volksfest mit aufwendigen Kostümen, Musik und Straßenumzügen, die tagelang dauern. Die Tradition des „Quadrille“, ein traditioneller Tanz, wird bei Festen noch immer gepflegt.

Die Küche spiegelt die multikulturelle Identität wider: Accras (frittierte Fischbällchen), Colombo (Currygericht), Boudin (Blutwurst) und Ti-Punch (Rum-Cocktail) gehören zur kulinarischen Identität. Essen hat einen hohen sozialen Stellenwert – Mahlzeiten werden ausgiebig zelebriert und dienen dem Zusammenhalt.

Musik ist allgegenwärtig. Zouk, eine auf Martinique und Guadeloupe entstandene Musikrichtung, ist besonders beliebt, ebenso wie traditionelle Bèlè-Musik mit Trommeln und Gesang. Musikfestivals und spontane Zusammenkünfte mit Live-Musik gehören zum Lebensgefühl.

Einkaufsgewohnheiten und Konsumverhalten

Die Einwohner Martiniques kaufen gerne auf lokalen Märkten ein, wo frisches Obst, Gemüse, Fisch und Gewürze angeboten werden. Der Markt in Fort-de-France ist ein soziales Ereignis und Treffpunkt. Gleichzeitig gibt es moderne Supermärkte und Shopping-Center, die besonders von jüngeren Menschen frequentiert werden.

Die Lebenshaltungskosten sind deutlich höher als im französischen Mutterland, da viele Waren importiert werden müssen. Dennoch legen die Menschen Wert auf Qualität und Markenprodukte, besonders bei Kleidung und Elektronik. Lokale Produkte wie Rum, Früchte und Gewürze werden bevorzugt, wenn verfügbar.

Shopping ist auch eine Freizeitaktivität – besonders am Wochenende sind die Einkaufszentren gut besucht. Die Menschen achten auf ihr Äußeres und investieren gerne in Mode und Kosmetik.

Typische Verhaltensweisen und Mentalität

Mann zeigt eine Tarantel
Mann zeigt eine Tarantel

Die Martiniquaner sind grundsätzlich freundlich, aber auch zurückhaltend gegenüber Fremden. Höflichkeit wird großgeschrieben – Begrüßungen mit „Bonjour“ oder „Bonsoir“ sind obligatorisch, auch im Geschäft oder beim Arzt. Wer diese Umgangsformen ignoriert, gilt als unhöflich.

Die karibische Gelassenheit prägt den Alltag. Stress und Hektik werden vermieden, die Lebensqualität steht im Vordergrund. Das kann für Deutsche oder Schweizer gewöhnungsbedürftig sein, wenn Termine flexibel gehandhabt oder Warteschlangen geduldig akzeptiert werden.

Gleichzeitig sind die Menschen stolz auf ihre französische Identität und die Zugehörigkeit zu Frankreich (Martinique ist ein französisches Übersee-Département). Diese doppelte Identität – karibisch und französisch – prägt das Selbstverständnis und manchmal auch innere Spannungen bezüglich Unabhängigkeitsbestrebungen.

Haltung gegenüber Ausländern und Einwanderern

Segelboot auf Martinique
Segelboot auf Martinique

Martiniquaner sind im Tourismussektor freundlich und aufgeschlossen gegenüber Besuchern. Gegenüber Menschen, die dauerhaft auf die Insel ziehen wollen, herrscht eine ambivalente Einstellung. Franzosen vom Festland (genannt „Métros“) werden teilweise mit Skepsis betrachtet, besonders wenn sie in gehobenen Positionen arbeiten oder Immobilien aufkaufen.

Wer sich bemüht, die Sprache zu lernen, die Kultur zu respektieren und sich in die Gemeinschaft zu integrieren, wird herzlich aufgenommen. Oberflächliches Interesse oder arrogantes Auftreten stoßen dagegen auf Ablehnung. Die koloniale Vergangenheit ist noch spürbar, und kulturelle Sensibilität ist wichtig.

Menschen aus anderen karibischen Inseln werden generell akzeptiert, während Einwanderer aus anderen Kontinenten je nach Verhalten und Integrationsbereitschaft beurteilt werden. Insgesamt ist die Gesellschaft offen, erwartet aber Respekt vor der lokalen Kultur und Identität.

Freizeitgestaltung und beliebte Aktivitäten

Mädchen beim Baden auf Martinique
Mädchen beim Baden auf Martinique

Die Nähe zum Meer prägt die Freizeitgestaltung enorm. Strände sind beliebte Treffpunkte am Wochenende – Familien picknicken, grillen und verbringen ganze Tage am Wasser. Bootsausflüge, Schnorcheln und Tauchen gehören zu den bevorzugten Aktivitäten.

Wandern in den Bergen und im Regenwald erfreut sich zunehmender Beliebtheit, besonders die Besteigung des Mont Pelée. Auch kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Festivals und Tanzabende ziehen viele Besucher an.

Geselliges Beisammensein mit Familie und Freunden ist zentral. Man trifft sich zu Hause, in Restaurants oder bei spontanen Festen. Die „Lime“ (entspanntes Zusammensein mit Gesprächen, Musik und Drinks) ist ein wichtiger Teil der karibischen Lebensart.

Volkssport und beliebte Sportarten

Fußball ist mit Abstand die beliebteste Sportart auf Martinique. Die Insel hat eine eigene Fußballliga, und internationale Spiele werden mit Begeisterung verfolgt. Viele talentierte Spieler gehen zum französischen Festland, um professionell zu spielen.

Surfer vor Martinique
Surfer vor Martinique

Segeln und Wassersport allgemein sind sehr populär. Die jährliche „Tour de la Martinique des Yoles Rondes“ (Rundfahrt mit traditionellen Segelbooten) ist ein Spektakel, das die ganze Insel mobilisiert. Diese traditionellen Boote werden mit großem Geschick und Mannschaftsgeist gesegelt.

Leichtathletik, Basketball und Kampfsportarten haben ebenfalls viele Anhänger. Fitness und körperliche Aktivität werden geschätzt, besonders bei der jüngeren Generation. Jogging am Strand oder in Parks ist eine beliebte Morgenroutine.

Familiensinn und soziale Strukturen

Die Familie spielt eine zentrale Rolle im Leben der Martiniquaner. Mehrgenerationenhaushalte sind verbreitet, und auch wenn jüngere Menschen ausziehen, bleiben die familiären Bindungen eng. Sonntage werden traditionell im Familienkreis verbracht, oft mit ausgedehnten gemeinsamen Mahlzeiten.

Kinder werden geliebt und verwöhnt, genießen aber auch klare Erziehung mit Respekt vor Älteren. Kinderfreundlichkeit ist ausgeprägt – in Restaurants, Geschäften und öffentlichen Räumen sind Kinder willkommen und werden freundlich behandelt.

Ältere Menschen genießen hohen Respekt und werden in Entscheidungen einbezogen. Die Pflege alter Familienmitglieder wird häufig zu Hause übernommen. Das soziale Netz der Familie bietet Sicherheit und Unterstützung in schwierigen Zeiten.

Einstellung zu Arbeit und Beruf

Die Arbeitseinstellung auf Martinique unterscheidet sich von der in Mitteleuropa. Work-Life-Balance hat absolute Priorität – niemand definiert sich ausschließlich über den Beruf. Die 35-Stunden-Woche wird eingehalten, Überstunden sind unüblich und werden kritisch gesehen.

Pünktlichkeit wird im formellen Geschäftsleben erwartet, im Alltag jedoch flexibler gehandhabt. Die „karibische Zeit“ bedeutet, dass Termine auch mal 15-30 Minuten später beginnen. Dies gilt besonders für private Verabredungen.

Weiterbildung wird geschätzt, besonders wenn sie zu besseren Karrierechancen führt. Viele junge Menschen gehen zum Studium nach Frankreich. Die Arbeitslosenquote liegt relativ hoch (um 15 %), was auch mit der begrenzten Wirtschaftsstruktur der Insel zusammenhängt.

Zuverlässigkeit wird im professionellen Kontext erwartet, kann aber durch die entspannte Mentalität manchmal anders interpretiert werden als in Deutschland oder der Schweiz. Beziehungen und persönliche Kontakte sind oft wichtiger als strikte Regelkonformität.

Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit

Das Umweltbewusstsein auf Martinique wächst, ist aber noch nicht so ausgeprägt wie in Mitteleuropa. Die Schönheit der Natur wird geschätzt, aber Müllprobleme an Stränden und illegale Abfallentsorgung sind noch vorhanden. Dennoch gibt es zunehmend Initiativen für Recycling und Küstenschutz.

Der Schutz der Korallenriffe und Meeresschildkröten findet breite Unterstützung. Marine Parks und Naturschutzgebiete werden respektiert. Jüngere Generationen zeigen mehr Interesse an nachhaltigen Lebensweisen und lokalen, ökologischen Produkten.

Die Abhängigkeit von Importen und der hohe Benzinverbrauch (öffentliche Verkehrsmittel sind begrenzt) stehen im Widerspruch zu Nachhaltigkeitszielen. Dennoch wächst das Bewusstsein für erneuerbare Energien und nachhaltige Landwirtschaft.

International bekannte Persönlichkeiten aus Martinique

Aimé Césaire (1913-2008): Dichter, Schriftsteller und Politiker, Mitbegründer der Négritude-Bewegung, die das Bewusstsein für afrikanische Kultur und Identität stärkte. Sein Werk beeinflusste postkoloniale Literatur weltweit.

Frantz Fanon (1925-1961): Psychiater, Philosoph und Revolutionstheoretiker, dessen Werke wie „Die Verdammten dieser Erde“ zentral für antikoloniale Bewegungen und postkoloniale Studien wurden.

Joséphine de Beauharnais (1763-1814): Erste Ehefrau Napoleons und Kaiserin von Frankreich, auf Martinique geboren, prägte die französische und europäische Geschichte entscheidend mit.

Patrick Chamoiseau (geboren 1953): Schriftsteller und Träger des Prix Goncourt (1992) für seinen Roman „Texaco“, der das kreolische Leben Martiniques literarisch verarbeitete.

Thierry Henry (geboren 1977): Weltklasse-Fußballer mit martiniquanischen Wurzeln (Vater aus Martinique), Weltmeister 1998, einer der erfolgreichsten Stürmer der Fußballgeschichte.

Edouard Glissant (1928-2011): Schriftsteller und Philosoph, entwickelte das Konzept der „Créolisation“ und trug wesentlich zu postkolonialer Theorie und karibischer Literatur bei.

Ronald Zubar (geboren 1985): Profifußballer, spielte in der französischen und englischen Liga, Nationalspieler Guadeloupes (wählte nicht Frankreich).

Luc de Clapiers, Marquis de Vauvenargues (1715-1747): Moralist und Schriftsteller der französischen Aufklärung, dessen Familie martiniquanische Verbindungen hatte.

Gregory Sertic (geboren 1989): Profifußballer kroatisch-martiniquanischer Herkunft, spielte international in mehreren europäischen Ligen.

Laurent Duvernay-Tardif (geboren 1991): NFL-Footballspieler (Kansas City Chiefs), Super Bowl-Champion, studierter Arzt, engagierte sich während COVID-19 im Gesundheitswesen.

Fazit: Eine stolze Inselkultur zwischen Tradition und Moderne

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Die Bevölkerung Martiniques verkörpert eine einzigartige Mischung aus karibischer Lebensfreude, französischer Kultur und afrikanischem Erbe. Die Menschen sind stolz auf ihre kreolische Identität, pflegen ihre Traditionen und leben gleichzeitig als vollwertiger Teil Frankreichs mit allen Rechten und Vorteilen. Diese doppelte Identität macht das gesellschaftliche Leben besonders facettenreich und manchmal auch widersprüchlich. Wer die Insel besucht oder sich dort niederlassen möchte, sollte diese kulturelle Komplexität verstehen und respektieren.

Für Auswanderer bedeutet das: Integration erfordert mehr als nur Französischkenntnisse. Du musst bereit sein, dich auf die karibische Mentalität einzulassen, die Gelassenheit zu schätzen und den starken Familiensinn zu respektieren. Die Menschen werden dich herzlich aufnehmen, wenn du echtes Interesse an ihrer Kultur zeigst und nicht mit europäischer Überheblichkeit auftrittst. Die Lebensqualität ist hoch, die Naturschönheit beeindruckend und das kulturelle Leben reich – aber erwarte keine deutsche Pünktlichkeit oder schweizer Effizienz.

Die Zukunft Martiniques liegt in der Balance zwischen Bewahrung der kulturellen Identität und wirtschaftlicher Entwicklung. Die junge Generation ist gebildet, international orientiert und zunehmend umweltbewusst, bleibt aber ihren Wurzeln treu. Wer sich auf diese besondere Mischung einlassen kann, findet auf Martinique ein lebenswertes Paradies mit warmherzigen Menschen, die ihre Insel lieben und gerne mit anderen teilen – solange der Respekt gegenseitig ist.

Hilfen für einen sorglosen Umzug nach Martinique

Nachfolgend findest du alle Hilfen für deine sorglose Auswanderung nach Martinique, vom ersten Schritt bis zur erfolgreichen Integration. Die Links führen zu den jeweiligen Angeboten, Hilfen und Dienstleistungen.

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Zuletzt aktualisiert: 28. November 2025 von Jan Harmening (2005 ausgewandert)