Die Lust am Auswandern beschäftigt viele Menschen. Die moderne Arbeitswelt, die es möglich macht, von jedem Ort aus erreichbar zu sein, oder das Leben als digitaler Nomade eröffnen Optionen, die Welt zu erkunden und dennoch zu arbeiten. Auswandern in südliche Länder ist dabei besonders beliebt. Griechenland gilt dennoch als Geheimtipp, den es auf einer langen Urlaubsreise vorab zu entdecken gilt.
Die Sehnsucht nach weißen Sandstränden, viel Sonne und südlicher Lebensatmosphäre ist unter Deutschen oft der Motivator, um das Abenteuer Auswandern in Angriff zu nehmen. Zwischen 2008 und 2017 fanden offiziell 9.670 Deutsche ihren neuen Wohnsitz in Griechenland und begannen ein neues Leben unter der griechischen Sonne. Zugegeben, die Zahl der Emigranten ist nicht sonderlich hoch. Im Vergleich zu Amerika, wo sich im gleichen Zeitraum 132.299 Deutsche einen neuen Lebensmittelpunkt geschaffen haben, ist Griechenland noch ein unentdecktes Pflaster. Dabei zählt die bekannteste Insel des Landes Kreta zu einem der beliebtesten Urlaubsziele.
Große Industrie und boomende Branchen kann Kreta nicht bieten. Jedoch bietet sich die Insel für Freelancer und digitale Weltenbummler an, die keinen festen Arbeitsplatz benötigen und lediglich mit einem Internetzugang und ihrem Laptop ihr Geld verdienen. Bei einer ausgedehnten Reise über die Insel lässt sich die (mögliche) neue Heimat erkunden und von allen Seiten betrachten. Ein Urlaubstrip, der den Beginn eines neuen Lebensabschnittes markieren könnte.
Historische Zeugnisse und sanftes Meeresrauschen
Eine Rundreise auf Kreta beginnt nach einem kurzen Flug von ca. 3 Stunden. Als Ausgangsort stehen der Flughafen Chania im Westen oder Iráklion im Osten des Landes. Um sich Stress vor Ort zu ersparen und mit einem guten Gefühl die Reise anzutreten, ist eine Buchung des Mietwagens schon im Vorfeld zu empfehlen. Auf Kreta wird der Wagen entgegengenommen und die Reise über die Insel kann beginnen. Ein umfassendes Bild erhalten Touristen, wenn sie für ihren Road Trip 10 bis 14 Tage einplanen und in Iráklion starten.
Das erste Highlight liegt nur eine Viertelstunde Autofahrt vom Flughafen entfernt. Der Palast von Knossos ist die erste historische Tempelstätte, die es auf der Fahrt zu erkunden gibt. Mehrmals wurde diese Tempelanlage der Minoer aufgebaut und zerstört. Erst um 1900 schaffte es der Archäologe Arthur Evans, die erhalten gebliebenen Stücke der Ruine gänzlich freizulegen und zu restaurieren. Er nahm sich jedoch die Freiheit heraus, das Ausgrabungsgelände als moderne Interpretation zu sehen und verpasste der Ruine einen farbenfrohen Anstrich. Historiker mögen sich bei diesem Anblick anwenden, doch einen Blick ist der Palast in jedem Fall wert.
Nach dem historischen Start geht es auf den kleinen Straßen in Richtung Milatos. Bekannt ist der Ort für seinen gleichnamigen Strand, an dessen Promenade diverse Tavernen stehen, die zu regionalen Speisen und einem umwerfenden Blick über die blauen Wellen einladen. Eine Pause sollte unbedingt eingelegt werden, um sich von der Gastfreundschaft der Griechen überzeugen zu lassen.
Orte des Erinnerns und Höhlen der Hipster
Nach einer Stärkung in der nahegelegenen Höhle von Milatos lohnt sich ein Abstecher in die Tiefen unter der Erde. Die Höhle ist Ort einer dunklen Vergangenheit: Mehr als 3.600 Menschen suchten im Jahr 1823 in diesem Ort vor den türkischen und ägyptischen Heeren Schutz, als die Insel belagert wurde. Noch immer erinnert die Höhle an dieses wichtige geschichtliche Ereignis. Mit einer Taschenlampe und keiner Furcht vor engen Räumen lässt sich die Stätte in Ruhe erkunden.
Die Insel Spinalonga, die einst als Leprakolonie bezeichnet wurde, sowie die Zeus-Höhle in der Ortschaft Psychro erwarten gleichfalls Geschichtsinteressierte auf der Route. Als Abwechslung bietet sich anschließend ein Abstecher an den Xerokambos Beach oder an den Palmenstrand von Vai an. Beide Ausflugsziele mögen auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheinen, doch genau diese Eigenschaft zeichnen sie aus. Von den zahlreichen Touristen fehlt an diesen einsamen Stränden jede Spur. Ruhe zum Baden und ein ausgedehntes Sonnenbad sind an diesen Orten garantiert zu finden. Türkisblaues Wasser sowie die Weite des Innenlandes machen die Strände am Ende doch zu etwas Besonderem.
Wer die Idylle noch bis zum Abend für sich beanspruchen will, sollte den Sonnenuntergang im beschaulichen Küstenstädtchen Mochlos genießen. Ein kleiner Hafen und einige verstreute Bars bilden das Zentrum des kleinen Dorfes. Die Klänge einer Bouzouki runden die Postkartenromantik ab.
Kilometer für Kilometer der neuen Heimat entgegen
Über Kalamafka, Males, die Gebirgsstraßen von Sarakina und die angrenzende Schlucht geht es bis nach Matala nach Chania, wo der Mietwagen wieder abgegeben werden kann und der Heimflug wartet. Selbst auf den letzten Kilometern säumen Palmenstrände das Ufer oder erstrecken sich in kleinen Buchten unter metertiefen Klippen. Kreta hat viele bezaubernde Orte, die für Überraschungen und Momente des Innehaltens sorgen werden.
Um in aller Ruhe die Winkel der Insel zu erleben, sollte eine Reise in der Hochsaison von Juni bis August vermieden werden. Im Frühjahr oder im Spätherbst ist Kreta deutlich leerer, wenn die Touristen das Eiland verlassen haben. Ob sich Griechenlands beliebte Insel zum Auswandern eignet, sollte nach dieser umfangreichen Rundreise deutlich einfacher beantwortet werden können. Nicht nur die Vielfalt der Vegetation kommt auf dem Road Trip zum Ausdruck, sondern auch die Art und Weise des täglichen Lebens. Auf einen Unterschied zu deutschen Lebensverhältnissen muss sich ohne Frage eingelassen werden. Wer gleiche Standards erwartet, sollte nach einem anderen Auswandererland Ausschau halten.
Optional ergibt sich dank der Zugehörigkeit zur EU eine Testphase für unschlüssige Auswanderer: Bis zu drei Monaten dürfen sich EU-Bürger in Griechenland ohne Visum im Land aufhalten. Danach wird jedoch eine Aufenthaltsgenehmigung fällig. Für eine Auswanderung auf Probe ein ausreichender Zeitraum, um noch mehr über seine neue Wahlheimat zu erfahren.