Die Bevölkerung von Montenegro: Menschen und Mentalität

Wenn Du nach Montenegro auswanderst, triffst Du auf eine ethnisch vielfältige Gesellschaft. Die größte Bevölkerungsgruppe bilden mit rund 45 % die Montenegriner selbst, gefolgt von Serben (etwa 29 %), Bosniaken (9 %), Albanern (5 %) und kleineren Minderheiten wie Roma, Kroaten und anderen. Diese Vielfalt prägt das Land erheblich und spiegelt sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens wider.

Die verschiedenen Gruppen leben überwiegend friedlich zusammen, wobei es regionale Unterschiede gibt: An der Küste findest Du mehr ethnische Montenegriner, während im Norden serbische Bevölkerungsanteile dominieren und im Süden albanische Communities stärker vertreten sind.

Strandleben an der Adria von Montenegro
Strandleben an der Adria von Montenegro

Sprachen in Montenegro

Die offizielle Amtssprache ist Montenegrinisch, das sich nur minimal vom Serbischen, Kroatischen und Bosnischen unterscheidet – linguistisch betrachtet gehören alle zur südslawischen Sprachfamilie. In der Praxis verstehen sich Sprecher dieser Sprachen problemlos untereinander. Regional werden auch Albanisch (besonders in Ulcinj und Umgebung) sowie Romanes gesprochen.

An der touristisch geprägten Küste kommst Du mit Englisch gut zurecht, viele jüngere Montenegriner sprechen es fließend. In ländlichen Gebieten sind Fremdsprachenkenntnisse allerdings weniger verbreitet. Russisch wird aufgrund historischer und kultureller Verbindungen von vielen verstanden, und Deutsch findet sich vor allem in der Tourismusbranche.

Religionen und religiöses Leben

Montenegro ist religiös ebenso vielfältig wie ethnisch. Die Mehrheit der Bevölkerung (etwa 72 %) gehört der Serbisch-Orthodoxen Kirche an, wobei es auch eine eigenständige Montenegrinisch-Orthodoxe Kirche gibt – ein Thema, das durchaus für Diskussionen sorgt. Der Islam wird von rund 19 % praktiziert, hauptsächlich von Bosniaken und Albanern. Katholiken machen etwa 3 % aus, konzentriert in der Küstenregion um Kotor.

Religion spielt im Alltag eine wichtige Rolle: Religiöse Feiertage werden ausgiebig gefeiert, Kirchen und Moscheen sind gut besucht, und die orthodoxe Tradition prägt viele Familienfeste. Gleichzeitig herrscht eine bemerkenswerte religiöse Toleranz – verschiedene Glaubensgemeinschaften leben größtenteils respektvoll nebeneinander.

Traditionen und kulturelle Eigenheiten

Die montenegrinische Kultur ist tief in Traditionen verwurzelt. Das Konzept der „Čojstvo i Junaštvo“ (Ehre und Heldentum) prägt das Selbstverständnis vieler Montenegriner – Stolz, Mut und Gastfreundschaft gelten als zentrale Werte. Du wirst schnell merken, dass Gastfreundschaft hier nicht nur eine Floskel ist: Gäste werden mit offenen Armen empfangen und großzügig bewirtet.

Die „Slava“ ist ein wichtiges orthodoxes Fest, bei dem Familien ihren Schutzheiligen ehren – ein Ereignis, zu dem oft die gesamte Verwandtschaft zusammenkommt. Traditionelle Musik mit Instrumenten wie der Gusle (einsaitige Geige) und Volkstänze wie der „Oro“ werden bei Festen gepflegt. Die mündliche Überlieferung von Heldenepen hat eine lange Tradition, die bis heute in der Kultur nachwirkt.

Einkaufsgewohnheiten und Alltagsverhalten

Frische Granatäpfel werden zu Saft verarbeitet
Frische Granatäpfel werden zu Saft verarbeitet

Die Montenegriner kaufen nach wie vor gerne auf lokalen Märkten (Pijaca) ein, wo frisches Obst, Gemüse, Käse und Fleisch direkt vom Erzeuger angeboten werden. Hier wird noch gehandelt und gefeilscht – ein soziales Ritual, das über den reinen Einkauf hinausgeht. Große Supermärkte und Einkaufszentren gewinnen zwar an Bedeutung, besonders in Podgorica und an der Küste, doch viele bevorzugen kleine Nachbarschaftsläden, wo man sich kennt und ein Schwätzchen hält.

Bargeld ist nach wie vor König, auch wenn Kartenzahlung zunehmend möglich ist. Die Einkaufszeiten sind entspannt: Viele Geschäfte machen mittags eine längere Pause, besonders im Sommer. Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein spielen beim Einkauf noch eine untergeordnete Rolle, Bio-Produkte findest Du hauptsächlich in größeren Städten.

Typische Verhaltensweisen und Mentalität

Angler an der Adria
Angler an der Adria

Montenegriner gelten als entspannt und gelassen – die berühmten „10 Gebote der Montenegriner“ karikieren diese Lebenseinstellung augenzwinkernd mit Maximen wie „Der Mensch ist geboren, um sich auszuruhen“. Tatsächlich läuft vieles hier langsamer als in Mitteleuropa: Hektik ist verpönt, ausgedehnte Kaffeepausen sind heilig, und der soziale Kontakt hat Priorität vor Effizienz. Gleichzeitig sind Montenegriner für ihre Herzlichkeit und Direktheit bekannt – man sagt, was man denkt, oft lautstark und mit viel Gestik.

Smalltalk ist wichtig: Bevor man zum eigentlichen Anliegen kommt, erkundigt man sich nach Familie und Befinden. Die Gesellschaft ist eher patriarchalisch geprägt, auch wenn sich besonders in Städten moderne Rollenbilder durchsetzen. Hierarchien und familiäre Strukturen werden respektiert, ältere Menschen genießen hohe Autorität.

Einstellung gegenüber Ausländern und Einwanderern

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Als Ausländer wirst Du in Montenegro grundsätzlich freundlich empfangen. Die Montenegriner sind an internationale Gäste gewöhnt – der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, und viele haben selbst im Ausland gelebt oder gearbeitet. Besonders Russen, aber auch Deutsche, Briten und andere Westeuropäer, die Immobilien kaufen oder Unternehmen gründen, werden pragmatisch gesehen: Sie bringen Geld und Investitionen ins Land. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen bezüglich steigender Immobilienpreise in beliebten Küstenorten.

Die Integration hängt stark davon ab, wie sehr Du Dich bemühst: Lernst Du die Sprache und respektierst lokale Bräuche, wirst Du herzlich aufgenommen. Bleibst Du in Deiner Expat-Blase, bleibst Du eher Außenseiter. Gegenüber Flüchtlingen und Migranten aus wirtschaftlich schwächeren Ländern ist die Haltung deutlich zurückhaltender – hier spielen wirtschaftliche Ängste eine Rolle.

Freizeitgestaltung und soziales Leben

Das soziale Leben spielt sich in Montenegro vor allem draußen ab. Im Sommer trifft man sich auf der „Korzo“ – der Hauptflaniermeile – zum Spazierengehen und Sehen-und-Gesehen-Werden. Kaffeehäuser sind das Herz des gesellschaftlichen Lebens: Hier sitzt man stundenlang bei einem Kaffee, raucht, redet und beobachtet das Treiben. Die Café-Kultur ist derart ausgeprägt, dass Montenegro einen der höchsten Kaffeekonsums pro Kopf in Europa aufweist. Abends verlagert sich das Leben in Restaurants und Bars, besonders im Sommer an der Küste.

Familienfeste und religiöse Feiern werden ausgiebig zelebriert, oft mit mehrtägigen Festivitäten. Die Natur wird zunehmend für Freizeitaktivitäten genutzt: Wandern in den Bergen, Rafting auf der Tara, Baden im Meer oder in den Seen. Allerdings ist organisierter Breitensport weniger verbreitet als in Westeuropa – Bewegung findet eher informell statt.

Sport und Volkssport

Montenegrinische Kitesurferin
Montenegrinische Kitesurferin

Fußball ist mit Abstand die beliebteste Sportart in Montenegro. Praktisch jedes Dorf hat einen Fußballplatz, und die Nationalmannschaft wird leidenschaftlich unterstützt, auch wenn sie international noch auf größere Erfolge wartet. Basketball steht an zweiter Stelle und hat eine starke Tradition – die montenegrinische Nationalmannschaft gehört in Europa zur erweiterten Spitze.

Wasserball ist historisch bedeutsam und Montenegro hat hier international Erfolge gefeiert, unter anderem mit dem Olympiasieg 2008 als Teil Serbien-Montenegros und später als eigenständige Nation. Handball erfreut sich ebenfalls wachsender Beliebtheit. In den Bergen gewinnen Wintersportarten an Bedeutung, besonders Skifahren auf dem Durmitor.

Extremsportarten wie Wildwasser-Rafting und Canyoning werden vor allem von jüngeren Montenegrinern und Touristen praktiziert. Freizeitsport und Fitnessstudios werden in urbanen Zentren populärer, auf dem Land dominiert noch die traditionelle körperliche Arbeit.

Familie, Kinder und ältere Menschen

Die Familie ist das Fundament der montenegrinischen Gesellschaft. Mehrgenerationenhaushalte sind nach wie vor verbreitet, besonders in ländlichen Gebieten, wo Großeltern, Eltern und Kinder unter einem Dach oder zumindest in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Familientreffen sind häufig und umfangreich – die erweiterte Familie inklusive Cousins und Cousinen zweiten und dritten Grades spielt eine wichtige Rolle.

Kinder werden geliebt und verwöhnt, genießen große Freiheiten und sind überall willkommen – kinderfeindliche Einstellungen wie in manchen westeuropäischen Ländern findest Du hier nicht. Allerdings gibt es auch Schattenseiten: Die autoritäre Erziehung ist noch verbreitet, und traditionelle Geschlechterrollen werden oft schon früh vermittelt.

Ältere Menschen genießen höchsten Respekt und Autorität. Die Pflege der Eltern und Großeltern wird als selbstverständliche Pflicht angesehen – Altersheime sind wenig verbreitet und gelten oft als letzter Ausweg. Bei Entscheidungen wird der Rat der Älteren eingeholt, und ihre Meinung hat Gewicht.

Arbeitsmoral und berufliche Einstellung

Fischer auf der Adria
Fischer auf der Adria

Die Einstellung zur Arbeit ist in Montenegro… entspannt. Während viele Montenegriner durchaus hart arbeiten, besonders im Tourismus, in der Landwirtschaft oder als Selbstständige, gibt es auch eine ausgeprägte Tendenz zur Gemütlichkeit. Pünktlichkeit wird nicht so streng gesehen wie in Deutschland oder der Schweiz – „pomalo“ (langsam, nach und nach) ist eine häufig gehörte Redewendung. Eine Verspätung von 15 bis 30 Minuten gilt nicht als unhöflich.

Zuverlässigkeit ist personenabhängig: Bei Freunden und Familie ist Verlass, bei formellen Geschäftsbeziehungen kann es schon mal haken. Die Arbeitswoche ist gesetzlich auf 40 Stunden festgelegt, doch Überstunden sind in vielen Branchen üblich, oft ohne adäquate Bezahlung.

Weiterbildung und lebenslanges Lernen spielen eine wachsende, aber noch untergeordnete Rolle – viele verlassen sich auf ihre Ausbildung und praktische Erfahrung. Vetternwirtschaft („veza i protekcija“ – Beziehungen und Protektion) ist ein reales Problem: Nicht was Du kannst, sondern wen Du kennst, entscheidet oft über berufliche Chancen.

Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit

Umweltbewusstsein ist in Montenegro noch wenig ausgeprägt, auch wenn sich langsam etwas tut. Müll wird nicht immer ordnungsgemäß entsorgt, wilde Müllkippen findest Du selbst in landschaftlich schönen Gebieten. Mülltrennung existiert in Ansätzen in größeren Städten, wird aber längst nicht konsequent praktiziert. Plastiktüten sind nach wie vor allgegenwärtig, obwohl es mittlerweile einige Initiativen gibt, sie zu reduzieren.

Die atemberaubende Natur wird zwar geschätzt, aber der Schutz hinkt oft wirtschaftlichen Interessen hinterher – illegale Bauprojekte und unkontrollierte Entwicklung, besonders an der Küste, sind problematisch. Jüngere, gebildete Montenegriner zeigen zunehmend Umweltbewusstsein, und es gibt lokale Initiativen für Strandreinigungen und Naturschutz.

Die Regierung bewirbt Montenegro als „ökologischen Staat“, doch zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft noch eine erhebliche Lücke. Positiv ist, dass viele Menschen auf dem Land noch traditionell und ressourcenschonend leben – nicht aus Überzeugung, sondern aus Notwendigkeit.

International bekannte Montenegriner

Danilo I. Petrović-Njegoš (1826-1860) – Fürstbischof und Dichter, dessen Werk „Der Bergkranz“ zu den bedeutendsten Werken der serbischen und montenegrinischen Literatur zählt und nationale Identität prägte.

Milica Mandić (geb. 1991) – Taekwondo-Kämpferin, die bei den Olympischen Spielen 2012 in London die erste olympische Goldmedaille für das unabhängige Montenegro gewann und nationale Heldin wurde.

Stefan Savić (geb. 1991) – Fußballprofi, der für Atlético Madrid und die montenegrinische Nationalmannschaft spielt und zu den bekanntesten montenegrinischen Sportlern im internationalen Fußball gehört.

Predrag „Preki“ Radosavljević (geb. 1963) – Fußballspieler, der in der US-amerikanischen Major League Soccer zur Legende wurde und zweimal zum MLS MVP gewählt wurde, lebt heute in den USA.

Dejan Savićević (geb. 1966) – Fußballspieler, der mit AC Milan die Champions League gewann und als einer der besten montenegrinischen Fußballer aller Zeiten gilt, prägte die goldene Ära des italienischen Fußballs.

Andrija Paltašić (1450-1500) – Einer der ersten Buchdrucker des Balkans, druckte 1494 das erste kyrillische Buch in Montenegro und leistete Pionierarbeit für die Verbreitung der Schriftkultur.

Dado Pršo (geb. 1974) – Fußballstürmer, der für AS Monaco und die Glasgow Rangers spielte und in beiden Ligen Torschützenkönig wurde, gehört zu den erfolgreichsten montenegrinischen Fußballern.

Ranko Žeravica (1929-2011) – Basketballtrainer und -funktionär, der maßgeblich zum Erfolg des jugoslawischen und später serbisch-montenegrinischen Basketballs beitrug und international respektiert wurde.

Zdravko Krivokapić (geb. 1958) – Rechtsprofessor und ehemaliger Premierminister Montenegros (2020-2022), bekannt für seine Versuche, Korruption zu bekämpfen und demokratische Reformen voranzutreiben.

Petar II. Petrović-Njegoš (1813-1851) – Fürstbischof, Dichter und Philosoph, gilt als größter montenegrinischer Dichter und seine Werke werden bis heute in Schulen gelehrt und im gesamten südslawischen Raum gelesen.

Fazit: Leben inmitten von Montenegrinern

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Die montenegrinische Bevölkerung präsentiert sich als faszinierende Mischung aus südslawischer Tradition, mediterranem Lebensgefühl und balkanischer Vielfalt. Wenn Du nach Montenegro auswanderst, triffst Du auf Menschen, die ihre Gastfreundschaft ernst nehmen, ihre Familie über alles stellen und das Leben lieber langsam als hektisch angehen. Die ethnische und religiöse Vielfalt des Landes ist Bereicherung und gelegentliche Herausforderung zugleich, doch die verschiedenen Gruppen haben gelernt, größtenteils friedlich zusammenzuleben. Die Einstellung gegenüber Ausländern ist überwiegend positiv, besonders wenn Du Respekt für die lokale Kultur zeigst und Dich bemühst, die Sprache zu lernen.

Allerdings solltest Du auch die Schattenseiten kennen: Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit entsprechen nicht immer westeuropäischen Standards, Vetternwirtschaft ist ein reales Problem, und Umweltbewusstsein steckt noch in den Kinderschuhen. Die Arbeitsmoral ist entspannt, was angenehm sein kann, aber auch frustrierend, wenn Du Dinge schnell erledigt haben möchtest. Bürokratie funktioniert oft über persönliche Beziehungen besser als über offizielle Kanäle. Die patriarchalischen Strukturen und traditionellen Geschlechterrollen mögen für manche gewöhnungsbedürftig sein.

Insgesamt ist die montenegrinische Bevölkerung herzlich, stolz auf ihr kleines Land und bereit, Neuankömmlinge willkommen zu heißen – vorausgesetzt, Du bringst Geduld, Anpassungsbereitschaft und echtes Interesse an ihrer Kultur mit. Die Lebensqualität misst sich hier nicht nur an Effizienz und Wohlstand, sondern vor allem an sozialen Beziehungen, Familie und der Fähigkeit, das Leben zu genießen. Wenn Du diese Werte teilen kannst und bereit bist, Dich auf eine andere Lebensgeschwindigkeit einzulassen, findest Du in Montenegro eine warmherzige Gemeinschaft, die Dich als Teil ihrer vielfältigen Gesellschaft akzeptieren wird.

Hilfen für einen sorglosen Umzug nach Montenegro

Nachfolgend findest du alle Hilfen für deine sorglose Auswanderung nach Montenegro, vom ersten Schritt bis zur erfolgreichen Integration. Die Links führen zu den jeweiligen Angeboten, Hilfen und Dienstleistungen.

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Zuletzt aktualisiert: 17. November 2025 von Jan Harmening (2005 ausgewandert)