Steuersystem Bolivien für Auswanderer: Alles, was du 2026 wissen solltest

Bolivien zählt zu den steuerlich interessantesten Ländern Südamerikas für Auswanderer. Das Andenland wendet das Territorialprinzip an, was bedeutet, dass nur in Bolivien erwirtschaftetes Einkommen der Besteuerung unterliegt. Ausländische Einkünfte bleiben grundsätzlich steuerfrei. Mit einem einheitlichen Einkommensteuersatz von 13 %, keiner Vermögensteuer für Privatpersonen und niedrigen Lebenshaltungskosten bietet Bolivien ein attraktives Gesamtpaket.

Das Steuersystem von Bolivien verstehen und richtig nutzen
Das Steuersystem von Bolivien verstehen und richtig nutzen

Im Vergleich zu den DACH-Ländern fällt die Steuerbelastung in Bolivien deutlich geringer aus. Während Deutschland progressive Steuersätze bis zu 45 % erhebt und die Schweiz kantonal zwischen 22 % und 46 % liegt, bleibt Bolivien bei einem Pauschalsatz von 13 %. Besonders attraktiv: Es existiert kein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, Österreich oder der Schweiz, was bei richtiger Gestaltung steuerliche Vorteile bieten kann.

Für Auswanderer, die von Auslandseinkünften leben, ortsunabhängig arbeiten oder ein ruhiges Leben mit geringen Fixkosten suchen, kann Bolivien steuerlich sehr interessant sein. Allerdings solltest du die eingeschränkte Infrastruktur, das weniger entwickelte Bankensystem und die politische Instabilität in deine Überlegungen einbeziehen.

1. Steuerresidenz und Steuerpflicht

Kriterien für unbeschränkte Steuerpflicht

In Bolivien wirst du als steuerlich ansässig betrachtet, wenn du dich mehr als 183 Tage innerhalb eines Kalenderjahres im Land aufhältst. Die unbeschränkte Steuerpflicht tritt auch ein, wenn du deinen gewöhnlichen Aufenthalt oder den Mittelpunkt deiner Lebensinteressen in Bolivien hast. Bei juristischen Personen gilt der Ort der Geschäftsleitung als maßgebliches Kriterium.

183-Tage-Regel und andere Faktoren

Die 183-Tage-Regel wird in Bolivien strikt angewendet. Dabei zählen alle Aufenthaltstage im Kalenderjahr zusammen, unabhängig davon, ob sie zusammenhängend verbracht werden. Neben der physischen Anwesenheit spielen auch wirtschaftliche Bindungen wie Immobilienbesitz, Bankkonten und Geschäftsbeziehungen eine Rolle bei der Beurteilung der Steuerresidenz.

Doppelbesteuerungsabkommen mit DE/CH/AT

Bolivien hat mit keinem der DACH-Länder ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Dies bedeutet, dass du bei der steuerlichen Gestaltung besonders sorgfältig vorgehen musst. Die Anrechnung bolivianischer Steuern auf deutsche, österreichische oder schweizerische Steuerschulden richtet sich nach den nationalen Vorschriften des jeweiligen Heimatlandes. Deutschland gewährt beispielsweise nach § 34c EStG eine Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Einkommensteuer.

Wegzugsbesteuerung aus DACH-Ländern

Bei der Auswanderung aus Deutschland kann die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG greifen, wenn du Anteile an Kapitalgesellschaften von mindestens 1 % hältst. Die stillen Reserven werden dann bei Wegzug besteuert. Bei einem Umzug nach Bolivien (Nicht-EU/EWR-Land) ist eine Stundung der Wegzugssteuer grundsätzlich nicht möglich.

Österreich wendet ähnliche Regelungen an, wobei hier bei Wegzug in Drittstaaten ebenfalls eine sofortige Besteuerung stiller Reserven erfolgt. Die Schweiz kennt keine Wegzugsbesteuerung im klassischen Sinne, allerdings können bei der Aufgabe des Wohnsitzes bestimmte Nachsteuern anfallen.

2. Einkommensteuer

Allgemeine Struktur

Das bolivianische Einkommensteuersystem ist vergleichsweise einfach strukturiert. Der Impuesto sobre las Utilidades de las Empresas (IUE) gilt für Unternehmensgewinne, während der Régimen Complementario al IVA (RC-IVA) Einkünfte natürlicher Personen erfasst.

Steuersätze und Progressionsstufen

Bolivien wendet einen einheitlichen Steuersatz von 13 % auf Einkünfte natürlicher Personen an. Es gibt keine Progressionsstufen wie in den DACH-Ländern. Für Unternehmen beträgt der Körperschaftsteuersatz 25 %, wobei bestimmte Branchen wie Bergbau, Banken und Versicherungen einem erhöhten Satz von 37,5 % unterliegen.

Freibeträge und Grundfreibetrag

Der Grundfreibetrag entspricht zwei nationalen Mindestlöhnen pro Monat. Bei einem aktuellen Mindestlohn von 2.362 Bolivianos (circa 310 Euro) ergibt sich ein monatlicher Freibetrag von etwa 620 Euro. Dieser Freibetrag kann durch Vorlage von Rechnungen (Facturas) für persönliche Ausgaben geltend gemacht werden.

Steuerjahr und Zahlungsmodalitäten

Das Steuerjahr in Bolivien entspricht dem Kalenderjahr (1. Januar bis 31. Dezember). Die Einkommensteuererklärung muss bis zum 30. April des Folgejahres eingereicht werden. Monatliche Vorauszahlungen sind bei Selbstständigen und Unternehmen üblich.

Nach Personenkategorie

Arbeitnehmer

Als Arbeitnehmer in Bolivien unterliegt dein Gehalt dem RC-IVA von 13 %. Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Steuer monatlich einzubehalten und an das Finanzamt (Servicio de Impuestos Nacionales, SIN) abzuführen. Die Abgabe erfolgt bis zum 15. des Folgemonats.

Die Sozialversicherungsbeiträge belaufen sich auf insgesamt 12,71 % des Bruttogehalts für den Arbeitnehmer. Diese setzen sich zusammen aus 10 % für die Rentenversicherung (AFP), 1,71 % für die Risikoversicherung und 1 % für den Solidaritätsfonds. Der Arbeitgeber zahlt zusätzlich etwa 16,71 % für Gesundheitsversicherung und andere Sozialleistungen.

Als absetzbare Werbungskosten kannst du Rechnungen für Gesundheitsausgaben, Bildung und bestimmte Grundbedürfnisse geltend machen. Die Summe dieser absetzbaren Ausgaben darf maximal zwei Mindestlöhne pro Monat betragen. Eine spezifische Pendlerpauschale wie in Deutschland existiert nicht.

Digitale Nomaden

Für digitale Nomaden ist Bolivien steuerlich besonders interessant. Durch das Territorialprinzip bleiben Einkünfte aus ausländischen Quellen grundsätzlich steuerfrei, solange die Arbeit für ausländische Kunden erbracht wird und die Zahlung aus dem Ausland erfolgt. Wenn du als digitaler Nomade in Bolivien lebst und für Kunden in Deutschland, Österreich oder der Schweiz arbeitest, musst du auf diese Einkünfte in Bolivien keine Steuern zahlen.

Spezielle Home-Office-Regelungen oder ein digitales Nomaden-Visum existieren in Bolivien bislang nicht. Die meisten digitalen Nomaden nutzen das Touristenvisum, das einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen ohne Visum ermöglicht und bis zu 180 Tage pro Jahr verlängert werden kann. Für längere Aufenthalte ist ein Aufenthaltsvisum erforderlich.

Als Nachweispflichten solltest du Kontoauszüge ausländischer Bankkonten, Verträge mit ausländischen Kunden und Zahlungsnachweise aufbewahren. Diese Dokumente können bei einer Prüfung durch die Steuerbehörden verlangt werden.

Selbstständige und Unternehmer

Selbstständige und Unternehmer werden in Bolivien primär über den IUE (Impuesto sobre las Utilidades de las Empresas) besteuert. Der Steuersatz beträgt 25 % auf den Nettogewinn. Zusätzlich fällt der IT (Impuesto a las Transacciones) in Höhe von 3 % auf den Bruttoumsatz an, der jedoch auf den IUE angerechnet werden kann.

Bei der Firmengründung in Bolivien beträgt der Körperschaftsteuersatz 25 %. Eine Gewerbesteuer im deutschen Sinne existiert nicht, allerdings werden die 3 % Transaktionssteuer auf alle Geschäftsaktivitäten erhoben. Die Gewinnausschüttung an Gesellschafter unterliegt einer Quellensteuer von 12,5 %.

Die Buchführungspflichten in Bolivien sind umfassend. Unternehmen müssen Bücher führen, die den bolivianischen Rechnungslegungsstandards entsprechen. Jahresabschlüsse müssen von einem zugelassenen Wirtschaftsprüfer testiert werden. Die Aufbewahrungspflicht für Geschäftsunterlagen beträgt zehn Jahre.

Als absetzbare Betriebsausgaben gelten unter anderem Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge, Mieten für Geschäftsräume, Abschreibungen auf Anlagevermögen, Zinsen für Geschäftskredite sowie notwendige Betriebsmittel und Dienstleistungen.

Finanziell Unabhängige und Investoren

Für finanziell unabhängige Auswanderer und Investoren ist das Territorialprinzip Boliviens besonders vorteilhaft. Kapitalerträge aus ausländischen Quellen wie Zinsen, Dividenden und Kursgewinne von ausländischen Depots bleiben in Bolivien steuerfrei.

Inländische Kapitalerträge unterliegen hingegen der Besteuerung. Zinsen auf Bankeinlagen in bolivianischen Banken sind mit 13 % zu versteuern. Dividenden aus bolivianischen Unternehmen unterliegen der Quellensteuer von 12,5 %. Kursgewinne aus dem Verkauf bolivianischer Wertpapiere werden mit 13 % besteuert.

Bei Immobilienerträgen in Bolivien fällt auf Mieteinnahmen der IUE von 25 % an. Beim Verkauf von Immobilien wird die Wertsteigerung mit 13 % versteuert, wobei die Berechnungsgrundlage der Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis entspricht.

Für ausländische Depots und Vermögen bestehen in Bolivien keine Meldepflichten. Allerdings solltest du beachten, dass Deutschland, Österreich und die Schweiz ihre Bürger auch bei Auslandsansässigkeit unter bestimmten Umständen weiterhin zur Steuererklärung verpflichten können.

Rentner

Für Rentner aus den DACH-Ländern bietet Bolivien interessante steuerliche Perspektiven. Gesetzliche Renten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden in Bolivien grundsätzlich nicht besteuert, da sie als ausländische Einkünfte gelten und unter das Territorialprinzip fallen.

Die Besteuerung im Herkunftsland bleibt jedoch bestehen. Deutsche gesetzliche Renten werden in Deutschland mit dem individuellen Steuersatz besteuert, unabhängig vom Wohnsitz des Empfängers. Schweizer AHV-Renten können in der Schweiz quellenbesteuert werden. Österreichische Pensionen unterliegen ebenfalls der österreichischen Besteuerung.

Private Renten und Betriebspensionen werden ähnlich behandelt. In Bolivien fallen keine Steuern an, während im Herkunftsland je nach Rentenart und Gestaltung Steuerpflichten bestehen können. Da kein Doppelbesteuerungsabkommen existiert, ist eine sorgfältige Planung erforderlich.

Spezifische Altersfreibeträge für Rentner existieren in Bolivien nicht. Allerdings profitieren Rentner vom allgemeinen Grundfreibetrag und können Gesundheitsausgaben steuerlich geltend machen.

3. Vermögensteuer

Bolivien erhebt keine allgemeine Vermögensteuer auf Privatvermögen. Dies unterscheidet das Land deutlich von einigen europäischen Staaten und macht es für vermögende Auswanderer interessant.

Allerdings gibt es seit 2012 eine Steuer auf große Vermögen von Unternehmen. Unternehmen mit einem Nettovermögen von mehr als 50 Millionen UFV (Unidad de Fomento de Vivienda, circa 17 Millionen Euro) unterliegen einer jährlichen Vermögensteuer von 1,5 % auf den übersteigenden Betrag.

Für Immobilien existiert die jährliche Grundsteuer, die jedoch keine Vermögensteuer im eigentlichen Sinne darstellt. Die Bewertung erfolgt auf Basis des Katasterwerts, der in der Regel deutlich unter dem Marktwert liegt.

4. Kapitalertragssteuer

Die Besteuerung von Kapitalerträgen in Bolivien folgt dem Territorialprinzip. Ausländische Kapitalerträge bleiben für Steuerresidenten grundsätzlich steuerfrei.

Für inländische Kapitalerträge gelten folgende Steuersätze. Zinsen aus bolivianischen Bankeinlagen werden mit 13 % besteuert. Dividenden aus bolivianischen Unternehmen unterliegen einer Quellensteuer von 12,5 %. Kursgewinne aus dem Verkauf bolivianischer Wertpapiere werden mit 13 % besteuert.

Die Quellensteuer auf Dividenden wird direkt von der ausschüttenden Gesellschaft einbehalten und abgeführt. Eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer ist in Bolivien grundsätzlich nicht vorgesehen, da ausländische Einkünfte ohnehin nicht besteuert werden.

Meldepflichten für ausländische Kapitalerträge existieren in Bolivien nicht. Allerdings solltest du beachten, dass dein Herkunftsland möglicherweise Informationen über ausländische Konten im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs erhält.

5. Immobiliensteuer

Grundsteuer und jährliche Abgaben

Die jährliche Grundsteuer (Impuesto a la Propiedad de Bienes Inmuebles) wird von den Gemeinden erhoben. Die Steuersätze variieren je nach Gemeinde und Immobilientyp, bewegen sich aber typischerweise zwischen 0,35 % und 1,5 % des Katasterwerts. Der Katasterwert liegt in Bolivien erheblich unter dem Marktwert, oft bei nur 20 % bis 40 %.

Zusätzlich können kommunale Abgaben für Straßenreinigung, Müllabfuhr und öffentliche Beleuchtung anfallen. Diese variieren stark je nach Gemeinde und Stadtteil.

Grunderwerbsteuer beim Kauf

Beim Kauf einer Immobilie in Bolivien fällt eine Grunderwerbsteuer von 3 % des Transaktionswerts an. Zusätzlich entstehen Notargebühren von etwa 0,5 % bis 1 % sowie Gebühren für die Eintragung im Grundbuch (Derechos Reales) von circa 0,5 %.

Wertzuwachssteuer beim Verkauf

Beim Verkauf einer Immobilie wird der Gewinn mit 13 % besteuert. Die Berechnungsgrundlage ist die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem ursprünglichen Kaufpreis, wobei Inflationsanpassungen berücksichtigt werden können. Alternativ kann eine pauschale Steuer von 3 % auf den Verkaufspreis entrichtet werden.

Vermietungseinkünfte

Mieteinnahmen aus bolivianischen Immobilien unterliegen dem IUE von 25 % auf den Nettogewinn. Absetzbar sind Instandhaltungskosten, Grundsteuer, Versicherungen und Verwaltungskosten. Alternativ kann eine vereinfachte Besteuerung mit 13 % auf die Bruttomiete gewählt werden.

Steuervorteile bei Eigennutzung

Selbstgenutzte Immobilien genießen keine besonderen Steuervorteile in Bolivien. Die Grundsteuer fällt unabhängig von der Nutzungsart an. Allerdings sind Wertsteigerungen bei selbstgenutzten Immobilien erst beim Verkauf steuerlich relevant.

6. Erbschafts- und Schenkungssteuer

Bolivien erhebt keine Erbschaftsteuer im klassischen Sinne. Bei der Übertragung von Vermögen durch Erbschaft oder Schenkung fällt jedoch eine Übertragungssteuer an.

Die Steuersätze für Übertragungen variieren je nach Vermögensart. Für Immobilien beträgt die Übertragungssteuer 1 % des Katasterwerts bei Erbschaften und 3 % bei Schenkungen. Für Unternehmensanteile und anderes Vermögen können andere Sätze gelten.

Ein Unterschied nach Verwandtschaftsgrad wird bei der Übertragungssteuer nicht gemacht. Ehepartner und Kinder werden steuerlich genauso behandelt wie entfernte Verwandte oder Nichtverwandte.

Bei internationalen Aspekten ist zu beachten, dass Erbschaften und Schenkungen aus dem Ausland in Bolivien grundsätzlich nicht besteuert werden. Allerdings können im Herkunftsland des Erblassers oder Schenkers Steuerpflichten entstehen. Deutschland besteuert beispielsweise Erbschaften und Schenkungen, wenn der Erblasser, der Erbe, der Schenker oder der Beschenkte in Deutschland ansässig ist oder war.

7. Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer

Der Regelsteuersatz der Mehrwertsteuer (Impuesto al Valor Agregado, IVA) in Bolivien beträgt 13 %. Anders als in den DACH-Ländern gibt es keinen ermäßigten Steuersatz. Alle Waren und Dienstleistungen unterliegen dem einheitlichen Satz, sofern sie nicht vollständig befreit sind.

Befreit von der Mehrwertsteuer sind unter anderem unverarbeitete Lebensmittel aus lokaler Produktion, Bücher und Zeitschriften, bestimmte medizinische Leistungen sowie Bildungsdienstleistungen.

Eine Kleinunternehmerregelung im deutschen Sinne existiert in Bolivien nicht. Alle Unternehmen, die gewerbliche Tätigkeiten ausüben, müssen sich beim Finanzamt registrieren und Mehrwertsteuer abführen. Für Kleinstunternehmer gibt es jedoch das Régimen Simplificado mit vereinfachten Steuerpflichten.

Selbstständige und Unternehmer sind zur Erhebung und Abführung der Mehrwertsteuer verpflichtet. Die Anmeldung erfolgt monatlich bis zum 15. des Folgemonats. Die Vorsteuer aus Eingangsrechnungen kann mit der Umsatzsteuer aus Ausgangsrechnungen verrechnet werden.

Ein Reverse-Charge-Verfahren wie in der EU existiert in Bolivien nicht. Bei Dienstleistungen aus dem Ausland kann jedoch eine Quellensteuer anfallen, die der inländische Empfänger einbehält.

8. Weitere relevante Steuern

Transaktionssteuer (IT)

Die Transaktionssteuer (Impuesto a las Transacciones) beträgt 3 % auf alle Bruttoumsätze. Sie wird monatlich abgeführt und kann auf die Einkommensteuer (IUE) angerechnet werden. Diese Steuer trifft alle gewerblichen Aktivitäten und ist zusätzlich zur Mehrwertsteuer zu entrichten.

Kfz-Steuer

Die jährliche Kfz-Steuer (Impuesto a la Propiedad de Vehículos Automotores) richtet sich nach dem Fahrzeugwert und -alter. Die Sätze liegen typischerweise zwischen 1 % und 3 % des Fahrzeugwerts. Ältere Fahrzeuge werden niedriger bewertet und damit geringer besteuert.

Stempelsteuer

Für bestimmte Dokumente und Verträge fällt eine Stempelsteuer an. Notarielle Urkunden, Verträge und offizielle Dokumente unterliegen Gebühren zwischen 0,1 % und 3 % des Transaktionswerts.

Umweltsteuer

Für umweltbelastende Aktivitäten können zusätzliche Steuern und Abgaben anfallen. Dies betrifft insbesondere den Bergbau und die Erdölförderung mit erhöhten Steuersätzen von bis zu 60 %.

Finanzsektor-Steuer

Banken und Finanzinstitute unterliegen einer erhöhten Gewinnsteuer von 37,5 % statt der üblichen 25 %. Zusätzlich fällt eine Steuer auf Finanztransaktionen (ITF) von 0,15 % bis 0,30 % an.

9. Steueroptimierung für Auswanderer

Legale Gestaltungsmöglichkeiten

Das Territorialprinzip Boliviens bietet erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten. Die wichtigste Strategie besteht darin, Einkünfte außerhalb Boliviens zu erzielen und zu belassen. Ausländische Dividenden, Zinsen und Kapitalgewinne bleiben in Bolivien steuerfrei.

Für Selbstständige und Unternehmer kann die Gründung einer Offshore-Gesellschaft sinnvoll sein, die Dienstleistungen für internationale Kunden erbringt. Die Gewinne dieser Gesellschaft bleiben in Bolivien unbesteuert, solange keine bolivianischen Kunden bedient werden.

Timing des Umzugs

Das Steuerjahr in Bolivien entspricht dem Kalenderjahr. Ein Umzug zum Jahresende kann sinnvoll sein, um im ersten Jahr nur wenige Tage in Bolivien zu verbringen und die Steuerresidenz erst im Folgejahr zu begründen.

Beachte die Wegzugsbesteuerung deines Herkunftslandes. In Deutschland solltest du mindestens sieben Jahre vor dem Wegzug keine wesentlichen Beteiligungen (über 1 %) an Kapitalgesellschaften halten, um die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden.

Günstige Unternehmensformen

Die gängigste Unternehmensform in Bolivien ist die Sociedad de Responsabilidad Limitada (SRL), vergleichbar mit der deutschen GmbH. Das Mindestkapital ist gering und die Gründung relativ unkompliziert. Für größere Unternehmen kommt die Sociedad Anónima (SA) in Frage.

Einzelunternehmen (Empresa Unipersonal) sind für kleine Geschäftstätigkeiten geeignet, bieten aber keine Haftungsbeschränkung. Für Freiberufler kann dies dennoch die einfachste Option sein.

Nutzung von Steuerfreibeträgen

Nutze den Grundfreibetrag von zwei Mindestlöhnen pro Monat (circa 620 Euro) durch Einreichung von Rechnungen für persönliche Ausgaben. Sammle systematisch Rechnungen für Gesundheit, Bildung und Grundbedürfnisse.

Bei Immobilieninvestitionen in Bolivien können Renovierungskosten und Abschreibungen die Steuerlast auf Mieteinnahmen reduzieren.

Holding-Strukturen

Für vermögende Auswanderer kann eine Holding-Struktur sinnvoll sein. Eine ausländische Holding, die bolivianische Beteiligungen hält, kann die Steuerbelastung auf Dividenden und Veräußerungsgewinne optimieren. Die Wahl des Holding-Standorts sollte sorgfältig unter Berücksichtigung von Doppelbesteuerungsabkommen und Substanzanforderungen erfolgen.

10. Steuererklärung und Fristen

Abgabefristen

Die jährliche Einkommensteuererklärung (IUE) muss bis zum 30. April des Folgejahres eingereicht werden. Die Frist variiert je nach der letzten Ziffer der Steuernummer (NIT) um einige Tage. Monatliche Steuererklärungen für Mehrwertsteuer und Transaktionssteuer sind bis zum 15. des Folgemonats fällig.

Benötigte Unterlagen

Für die Steuererklärung benötigst du alle Einnahmenachweise, Rechnungen für absetzbare Ausgaben (Facturas), Jahresabschluss bei Unternehmen, Bankauszüge und Nachweis der Sozialversicherungsbeiträge. Alle Belege müssen ordnungsgemäß auf den Namen des Steuerpflichtigen ausgestellt sein.

Online-Portale

Die bolivianische Steuerbehörde (Servicio de Impuestos Nacionales, SIN) bietet ein Online-Portal für Steuererklärungen und -zahlungen. Die Registrierung erfolgt mit der Steuernummer (NIT) und einem Passwort. Die meisten Steuererklärungen können elektronisch eingereicht werden.

Notwendigkeit eines Steuerberaters

Für ausländische Auswanderer ist die Beauftragung eines bolivianischen Steuerberaters (Contador Público) dringend empfohlen. Die Buchführung muss in spanischer Sprache erfolgen und bolivianischen Standards entsprechen. Die Kosten für einen Steuerberater liegen typischerweise bei 100 bis 300 Euro pro Monat für Unternehmen.

Strafen bei Verspätung

Verspätete Steuererklärungen werden mit Bußgeldern belegt. Die Strafe beträgt in der Regel 100 UFV (circa 35 Euro) plus Verzugszinsen von etwa 4 % pro Monat auf die geschuldete Steuer. Bei wiederholten Verstößen können die Strafen deutlich höher ausfallen.

11. Sozialversicherungsbeiträge

Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung in Bolivien wird über die Arbeitgeberbeiträge finanziert. Arbeitnehmer zahlen keinen direkten Beitrag zur Krankenversicherung. Die Qualität der öffentlichen Gesundheitsversorgung ist jedoch eingeschränkt, weshalb viele Auswanderer eine private Krankenversicherung abschließen.

Private internationale Krankenversicherungen kosten je nach Alter und Leistungsumfang zwischen 100 und 400 Euro pro Monat. Lokale private Versicherungen sind deutlich günstiger, bieten aber eingeschränkten Schutz.

Rentenversicherung

Das bolivianische Rentensystem basiert auf einem Kapitaldeckungsverfahren mit privaten Pensionsfonds (AFP). Arbeitnehmer zahlen 10 % ihres Bruttogehalts in die Rentenversicherung ein. Zusätzlich fallen 1,71 % für die Risikoversicherung und 1 % für den Solidaritätsfonds an.

Selbstständige können freiwillig in das System einzahlen, sind aber nicht verpflichtet. Das Rentenalter liegt bei 65 Jahren für Männer und 60 Jahren für Frauen.

Arbeitslosenversicherung

Eine Arbeitslosenversicherung im deutschen Sinne existiert in Bolivien nicht. Es gibt jedoch Abfindungsregelungen bei Kündigung, die vom Arbeitgeber zu zahlen sind.

Gesamtbelastung im Vergleich zu DACH-Ländern

Die Sozialversicherungsbelastung in Bolivien ist deutlich geringer als in den DACH-Ländern. Arbeitnehmer zahlen etwa 12,71 % ihres Bruttogehalts, während in Deutschland die Sozialversicherungsbeiträge etwa 20 % des Bruttogehalts ausmachen. In der Schweiz variieren die Beiträge kantonal, liegen aber typischerweise bei 6 % bis 7 % für AHV/IV/EO.

12. Vergleich zu Deutschland, Schweiz und Österreich

Tabellarischer Vergleich Steuerbelastung

SteuerartBolivienDeutschlandSchweizÖsterreich
Einkommensteuer13 % (pauschal)0 bis 45 %22 bis 46 % (kantonal)0 bis 55 %
Körperschaftsteuer25 %15 % + GewSt12 bis 24 %23 %
Kapitalertragssteuer13 % (nur inländisch)25 %kantonal verschieden27,5 %
Mehrwertsteuer13 %19 %8,1 %20 %
Vermögensteuerkeinekeinekantonal verschiedenkeine
Erbschaftsteuer1 bis 3 % Übertragung7 bis 50 %kantonal verschiedenkeine

Beispielrechnungen für verschiedene Einkommensklassen

Beispiel 1: Angestellter mit 50.000 Euro Jahresbrutto

In Bolivien zahlst du 13 % Einkommensteuer abzüglich Freibeträge, was etwa 5.500 Euro ergibt. Plus 12,71 % Sozialversicherung (6.355 Euro) ergibt eine Gesamtbelastung von circa 11.855 Euro oder 23,7 %.

In Deutschland beträgt die Steuerbelastung etwa 11.000 Euro Einkommensteuer plus 10.000 Euro Sozialversicherung, insgesamt 21.000 Euro oder 42 %.

Beispiel 2: Selbstständiger mit 100.000 Euro Gewinn (ausländische Kunden)

In Bolivien zahlst du dank Territorialprinzip 0 Euro Steuern auf ausländische Einkünfte.

In Deutschland fallen etwa 35.000 Euro Einkommensteuer plus circa 18.000 Euro Kranken- und Rentenversicherung an, insgesamt 53.000 Euro oder 53 %.

Beispiel 3: Rentner mit 2.000 Euro monatlicher Rente

In Bolivien zahlst du 0 Euro auf die ausländische Rente.

In Deutschland fallen je nach persönlicher Situation etwa 2.000 bis 4.000 Euro jährlich an Steuern und Sozialabgaben an.

Pro und Contra aus steuerlicher Sicht

Vorteile Boliviens:

Das Territorialprinzip ermöglicht steuerfreie ausländische Einkünfte. Der niedrige Pauschalsteuersatz von 13 % ist transparent. Es gibt keine Vermögensteuer für Privatpersonen. Die geringen Lebenshaltungskosten erhöhen die effektive Kaufkraft. Die einfache Steuerstruktur reduziert den Verwaltungsaufwand.

Nachteile Boliviens:

Es besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen mit DACH-Ländern, was die Planung erschwert. Die eingeschränkte Infrastruktur und das Bankensystem sind problematisch. Die politische Instabilität birgt Risiken. Die begrenzte Qualität öffentlicher Dienstleistungen erfordert private Alternativen. Für lokale Einkünfte kann die Steuerlast durch IT und andere Abgaben steigen.

Fazit

Bolivien ist steuerlich besonders attraktiv für digitale Nomaden und Freiberufler mit internationaler Kundschaft, Rentner mit ausländischen Pensionsbezügen, Investoren mit ausländischem Wertpapierdepot sowie vermögende Privatpersonen, die Kapitalerträge aus dem Ausland beziehen.

Das Territorialprinzip macht Bolivien zu einem der steuerlich günstigsten Länder für Auswanderer, die von ausländischen Einkünften leben. Mit einem einheitlichen Steuersatz von 13 % auf inländische Einkünfte und keiner Besteuerung ausländischer Einkünfte ist die Steuerbelastung minimal.

Allerdings solltest du die eingeschränkte Infrastruktur, das weniger entwickelte Finanzsystem und die politische Lage berücksichtigen. Das Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens mit den DACH-Ländern erfordert sorgfältige Planung, um Doppelbesteuerung zu vermeiden.

Eine professionelle Beratung durch einen auf internationales Steuerrecht spezialisierten Berater ist vor dem Umzug unerlässlich. Die Kombination aus Steuerplanung im Herkunftsland und Kenntnis des bolivianischen Systems ist der Schlüssel zu einer optimalen Gestaltung.

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FAQ

Muss ich in Bolivien Steuern auf meine deutsche Rente zahlen?

Nein, aufgrund des Territorialprinzips sind ausländische Renten in Bolivien steuerfrei. Allerdings bleibt die Steuerpflicht in Deutschland bestehen, da kein Doppelbesteuerungsabkommen existiert.

Wie hoch ist die Steuerbelastung für digitale Nomaden in Bolivien?

Wenn du ausschließlich für ausländische Kunden arbeitest und die Zahlungen aus dem Ausland erhältst, beträgt deine Steuerbelastung in Bolivien 0 %. Das Territorialprinzip befreit ausländische Einkünfte von der Besteuerung.

Brauche ich einen Steuerberater in Bolivien?

Ja, ein lokaler Contador Público ist dringend empfohlen. Die Buchführung muss auf Spanisch nach bolivianischen Standards erfolgen, und die Steuererklärungen sind komplex.

Gibt es eine Wegzugsbesteuerung bei Auswanderung nach Bolivien?

In Deutschland ja. Bei Beteiligungen über 1 % an Kapitalgesellschaften greift die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG. Da Bolivien kein EU/EWR-Land ist, ist keine Stundung möglich.

Kann ich mein ausländisches Depot steuerfrei in Bolivien führen?

Ja, Kapitalerträge aus ausländischen Depots sind in Bolivien steuerfrei. Du musst jedoch die Steuerpflichten in deinem Herkunftsland beachten.

Wie funktioniert die Krankenversicherung in Bolivien?

Arbeitnehmer sind über den Arbeitgeber versichert. Selbstständige und Rentner sollten eine private internationale Krankenversicherung abschließen, da die öffentliche Versorgung eingeschränkt ist.

Welches Visum benötige ich für einen dauerhaften Aufenthalt in Bolivien?

Für Aufenthalte über 180 Tage benötigst du ein Residenzvisum. Die häufigsten Kategorien sind das Investorenvisum, das Rentnervisum oder das Visum für wirtschaftlich Unabhängige. Die Beantragung erfolgt bei der bolivianischen Botschaft oder vor Ort in Bolivien.

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Zuletzt aktualisiert: 25. Dezember 2025 von Jan Harmening (2005 ausgewandert)