Belgien gehört zu den Ländern mit der höchsten Steuerbelastung weltweit – und trotzdem zieht es jährlich tausende deutschsprachige Auswanderer in das Königreich. Die zentrale Lage im Herzen Europas, die Mehrsprachigkeit und die Nähe zu EU-Institutionen machen Belgien besonders für Fachkräfte, Beamte und Unternehmer attraktiv. Doch was bedeutet das belgische Steuersystem konkret für dich als Auswanderer?

Das belgische Steuersystem ist komplex und stark föderalisiert. Neben der föderalen Einkommensteuer erheben die drei Regionen (Flandern, Wallonien und Brüssel-Hauptstadt) eigene Zuschläge und Steuern. Die Einkommensteuer erreicht Spitzensätze von 50 % und liegt damit deutlich über Deutschland (45 %) und weit über der Schweiz. Gleichzeitig bietet Belgien interessante Sonderregelungen wie das Expatriate-Steuerregime, großzügige Freibeträge für Kapitalerträge und keine Vermögensteuer im klassischen Sinn.
Gegenüber den DACH-Ländern fallen besonders die hohen Sozialversicherungsbeiträge für Selbstständige (über 20 %) und die komplexe Regionalsteuerstruktur auf. Während die Schweiz mit Pauschalbesteuerung und niedrigen Sätzen lockt, und Österreich ein einfacheres System bietet, punktet Belgien mit dem speziellen Impatriate-Status für zugezogene Fachkräfte und Führungskräfte.
1. Steuerresidenz und Steuerpflicht
Kriterien für unbeschränkte Steuerpflicht
Du wirst in Belgien unbeschränkt steuerpflichtig, wenn du deinen Wohnsitz (domicile) oder deinen gewöhnlichen Aufenthalt (résidence habituelle) in Belgien hast. Die belgische Steuerverwaltung prüft dabei mehrere Faktoren:
- Wo befindet sich dein Hauptwohnsitz?
- Wo lebt deine Familie?
- Wo liegt der Mittelpunkt deiner wirtschaftlichen Interessen?
- Wo bist du im Nationalregister eingetragen?
Die Eintragung im belgischen Nationalregister gilt als starkes Indiz für die Steuerresidenz, ist aber nicht allein entscheidend.
183-Tage-Regel und andere Faktoren
Die 183-Tage-Regel spielt in Belgien primär im Kontext von Doppelbesteuerungsabkommen eine Rolle. Verbringst du mehr als 183 Tage pro Jahr in Belgien, wird eine Steuerresidenz vermutet – allerdings können andere Faktoren (Familie, wirtschaftliche Bindungen) diese Vermutung widerlegen oder verstärken.
Bei verheirateten Paaren gilt der Wohnsitz der Familie als entscheidend. Lebst du also mit deiner Familie in Belgien, bist du dort steuerresident – selbst wenn du häufig im Ausland arbeitest.
Doppelbesteuerungsabkommen mit DE/CH/AT
Belgien hat mit allen deutschsprachigen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen:
Deutschland: Das DBA Deutschland-Belgien von 1967 (mehrfach geändert) regelt die Vermeidung der Doppelbesteuerung. Arbeitseinkommen wird grundsätzlich im Tätigkeitsstaat besteuert, Renten werden im Wohnsitzstaat besteuert.
Schweiz: Das DBA Schweiz-Belgien weist Arbeitseinkommen dem Tätigkeitsstaat zu. Schweizer Renten können unter bestimmten Bedingungen in der Schweiz besteuert werden.
Österreich: Ähnliche Regelungen wie mit Deutschland – Arbeitseinkommen im Tätigkeitsstaat, Renten grundsätzlich im Wohnsitzstaat.
Wegzugsbesteuerung aus DACH-Ländern
Wenn du aus Deutschland nach Belgien auswanderst und wesentliche Unternehmensbeteiligungen (mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft) hältst, greift die deutsche Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG. Die stillen Reserven werden zum Zeitpunkt des Wegzugs fiktiv besteuert. Innerhalb der EU kannst du eine Ratenzahlung über sieben Jahre beantragen.
Aus Österreich gibt es ebenfalls eine Wegzugsbesteuerung auf Wertzuwächse bei Kapitalanlagen. Bei Umzug in ein EU-Land wie Belgien kann die Steuerschuld auf Antrag gestundet werden.
Die Schweiz kennt keine allgemeine Wegzugsbesteuerung, allerdings können Quellensteuerabzüge bei der Auszahlung von Pensionskassenguthaben anfallen.
2. Einkommensteuer
Allgemeine Struktur
Belgien hat eines der progressivsten Einkommensteuersysteme Europas. Die Einkommensteuer (Impôt des personnes physiques / Personenbelasting) wird auf föderaler Ebene erhoben, zusätzlich erheben die Regionen Zuschläge.
Föderale Steuersätze 2025:
| Zu versteuerndes Einkommen | Steuersatz |
|---|---|
| 0 bis 15.820 Euro | 25 % |
| 15.820 bis 27.920 Euro | 40 % |
| 27.920 bis 48.320 Euro | 45 % |
| Über 48.320 Euro | 50 % |
Dazu kommen regionale Zuschläge (centimes additionnels), die je nach Region zwischen 25 % und 35 % des föderalen Steuerbetrags ausmachen. Effektiv kann die Gesamtbelastung damit über 50 % des Einkommens erreichen.
Grundfreibetrag: Der steuerfreie Grundbetrag liegt 2025 bei 10.570 Euro für Alleinstehende. Er erhöht sich für Kinder und andere unterhaltsberechtigte Personen.
Steuerjahr: Das belgische Steuerjahr entspricht dem Kalenderjahr. Die Steuererklärung für das Vorjahr muss in der Regel bis Ende Juni (Papier) bzw. Mitte Juli (Online) eingereicht werden.
Arbeitnehmer
Als Arbeitnehmer in Belgien wird dir die Lohnsteuer (Précompte professionnel / Bedrijfsvoorheffing) direkt vom Gehalt abgezogen. Dein Arbeitgeber führt diese monatlich an die Steuerbehörde ab.
Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer: 13,07 % des Bruttogehalts (ohne Obergrenze). Der Arbeitgeber zahlt zusätzlich etwa 25 % des Bruttogehalts.
Absetzbare Werbungskosten: Belgien gewährt eine Pauschale für Berufskosten, die automatisch berechnet wird (gestaffelt nach Einkommenshöhe, maximal etwa 5.520 Euro). Alternativ kannst du tatsächliche Kosten nachweisen, wenn diese höher sind.
Pendlerpauschale: Für den Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln gilt eine vollständige Steuerbefreiung der Arbeitgebererstattung. Bei Nutzung des eigenen Fahrzeugs kannst du 0,15 Euro pro Kilometer absetzen (begrenzt auf 30.000 Euro jährlich).
Firmenwagen: Belgien hat ein weitverbreitetes System der Firmenwagennutzung. Der geldwerte Vorteil wird pauschal berechnet und versteuert – je nach CO2-Ausstoß und Katalogpreis des Fahrzeugs.
Digitale Nomaden
Belgien hat kein spezifisches Visum für digitale Nomaden. Wenn du als EU-Bürger einreist und dich länger als drei Monate aufhältst, musst du dich anmelden und wirst grundsätzlich steuerpflichtig.
Besteuerung ausländischer Einkünfte: Als Steuerresident versteuerst du dein weltweites Einkommen in Belgien. Einkünfte aus dem Ausland werden unter Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen behandelt.
Home-Office-Regelungen: Arbeitest du von Belgien aus für einen ausländischen Arbeitgeber, kann dies zur Entstehung einer Betriebsstätte führen. Die Einkünfte werden dann anteilig in Belgien besteuert.
Nachweispflichten: Du musst dem belgischen Finanzamt nachweisen können, wo deine Einkünfte erzielt wurden und ob sie bereits im Ausland versteuert wurden.
Selbstständige und Unternehmer
Selbstständige (indépendants / zelfstandigen) unterliegen in Belgien einer hohen Steuer- und Abgabenlast.
Sozialversicherungsbeiträge: Selbstständige zahlen etwa 20,5 % auf ihr Nettoeinkommen (nach Abzug von Betriebsausgaben), mit einer Mindestbeitragsbasis von etwa 16.400 Euro und einer Höchstbeitragsbasis von etwa 103.700 Euro.
Körperschaftsteuer: Gründest du eine Gesellschaft (SPRL/BVBA oder SA/NV), beträgt der Standardsatz der Körperschaftsteuer 25 %. Kleine Unternehmen profitieren von einem reduzierten Satz von 20 % auf die ersten 100.000 Euro Gewinn, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind (u.a. Mindestgeschäftsführervergütung von 45.000 Euro).
Gewerbesteuer: Eine separate Gewerbesteuer wie in Deutschland existiert in Belgien nicht.
Buchführungspflichten: Selbstständige müssen eine ordnungsgemäße Buchhaltung führen. Unternehmen ab einer bestimmten Größe sind zur doppelten Buchführung verpflichtet.
Absetzbare Betriebsausgaben: Betriebsausgaben sind grundsätzlich absetzbar, wenn sie beruflich veranlasst sind. Belgien erlaubt großzügige Abschreibungen und Investitionsabzüge für bestimmte Anlagen.
Finanziell Unabhängige und Investoren
Belgien ist für Investoren interessant, da keine allgemeine Kapitalertragsteuer auf Kursgewinne erhoben wird – mit wichtigen Einschränkungen.
Dividenden: Dividenden unterliegen einer Quellensteuer (précompte mobilier) von 30 %. Diese ist in vielen Fällen befreiend, sodass keine weitere Einkommensteuer anfällt.
Zinsen: Zinserträge werden ebenfalls mit 30 % Quellensteuer belastet. Es gibt einen Freibetrag von etwa 1.020 Euro für Zinsen auf regulierte Sparkonten, der von der Quellensteuer befreit ist.
Kursgewinne: Private Kursgewinne aus dem Verkauf von Aktien sind grundsätzlich steuerfrei, wenn sie Teil einer normalen Vermögensverwaltung sind. Spekulationsgewinne oder berufsmäßiger Handel werden jedoch besteuert – die Abgrenzung ist oft umstritten.
Spekulations- und Börsensteuern: Belgien erhebt eine Börsentransaktionssteuer (TOB) von 0,12 % bis 1,32 % auf den Kauf und Verkauf von Wertpapieren, je nach Produktart.
Ausländische Depots: Belgische Steuerresidenten müssen ausländische Konten und Depots dem Zentralen Kontaktpunkt der Nationalbank melden. Einkünfte daraus sind in der Steuererklärung anzugeben.
Rentner
Die Besteuerung von Renten in Belgien folgt dem Welteinkünfteprinzip – alle Renteneinkünfte werden grundsätzlich erfasst.
Deutsche gesetzliche Renten: Nach dem DBA Deutschland-Belgien werden deutsche Renten ausschließlich in Belgien besteuert. Du musst sie vollständig in deiner belgischen Steuererklärung angeben.
Schweizer Renten: AHV-Renten und Pensionskassenleistungen werden grundsätzlich im Wohnsitzstaat Belgien besteuert. Die Schweiz kann jedoch unter bestimmten Umständen eine Quellensteuer erheben.
Österreichische Renten: Staatliche Pensionen werden typischerweise in Belgien versteuert.
Belgische Rentenbesteuerung: Renten werden nach dem progressiven Einkommensteuertarif besteuert, allerdings mit speziellen Ermäßigungen. Es gibt einen Rentenfreibetrag und reduzierte Regionalzuschläge für Rentenempfänger.
Altersfreibeträge: Personen ab 65 Jahren erhalten einen erhöhten Steuerfreibetrag von etwa 3.500 Euro zusätzlich zum Grundfreibetrag.
3. Vermögensteuer
Belgien erhebt keine klassische Vermögensteuer auf das Gesamtvermögen. Es gibt jedoch einige vermögensbezogene Steuern:
Kontensteuer auf Wertpapierdepots: Seit 2021 wird eine jährliche Steuer von 0,15 % auf den durchschnittlichen Wert von Wertpapierkonten über 1.000.000 Euro erhoben. Diese effectentaks betrifft belgische Steuerresidenten unabhängig davon, wo das Depot geführt wird.
Betroffene Vermögensarten: Aktien, Anleihen, Fonds und andere Wertpapiere zählen zur Bemessungsgrundlage. Immobilien und andere Vermögenswerte sind nicht betroffen.
4. Kapitalertragssteuer
Steuersätze für verschiedene Anlageformen
| Anlageform | Steuersatz |
|---|---|
| Dividenden | 30 % (Quellensteuer) |
| Zinsen | 30 % (Quellensteuer) |
| Zinsen auf regulierte Sparkonten | 15 % (mit Freibetrag von etwa 1.020 Euro) |
| Kursgewinne (private Vermögensverwaltung) | 0 % |
| Kursgewinne (spekulativ) | 33 % |
| Thesaurierende Fonds (Mehrwertzuwachs bei Verkauf) | 30 % |
Quellensteuer und Anrechnung
Die belgische Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen ist in den meisten Fällen befreiend (précompte mobilier libératoire). Das bedeutet, dass keine weitere Einkommensteuer auf diese Erträge anfällt.
Ausländische Quellensteuern können auf die belgische Steuer angerechnet werden, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen dies vorsieht. Die Anrechnung ist jedoch auf die belgische Steuerschuld begrenzt.
Meldepflichten
Du musst alle ausländischen Konten dem Zentralen Kontaktpunkt (CAP) der Nationalbank Belgien melden. In der Steuererklärung sind ausländische Kapitalerträge gesondert anzugeben. Die Nichtmeldung kann zu erheblichen Strafen führen.
5. Immobiliensteuer
Grundsteuer (Précompte immobilier)
Die jährliche Grundsteuer in Belgien basiert auf dem Revenu cadastral (Katastereinkommen), einem fiktiven Mietwert der Immobilie, der oft weit unter dem Marktwert liegt.
Die Grundsteuer berechnet sich aus dem Katastereinkommen multipliziert mit einem Gesamtsatz, der je nach Region und Gemeinde variiert. In Flandern beträgt der Basissatz 2,5 %, dazu kommen regionale und kommunale Zuschläge, sodass die effektive Belastung zwischen 30 % und 60 % des Katastereinkommens liegen kann.
Beispiel: Bei einem Katastereinkommen von 1.500 Euro und einem Gesamtsatz von 45 % beträgt die jährliche Grundsteuer 675 Euro.
Grunderwerbsteuer
Beim Kauf einer Immobilie in Belgien fällt eine Registrierungssteuer (droits d’enregistrement) an:
| Region | Standardsatz | Reduzierter Satz |
|---|---|---|
| Flandern | 12 % | 3 % (einziger Wohnsitz bis 220.000 Euro) |
| Wallonien | 12,5 % | 6 % (bescheidene Wohnungen) |
| Brüssel | 12,5 % | 0 % (Abattement bis 500.000 Euro für Erstkäufer) |
Die regionalen Ermäßigungen sind an Bedingungen geknüpft, wie z.B. Eigennutzung als Hauptwohnsitz.
Wertzuwachssteuer beim Verkauf
Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien werden unterschiedlich behandelt:
- Eigengenutzte Hauptwohnung: Steuerfreier Verkauf, wenn die Immobilie mindestens 12 Monate als Hauptwohnsitz genutzt wurde.
- Andere Immobilien: Verkauf innerhalb von fünf Jahren nach Kauf wird mit 16,5 % auf den Gewinn besteuert. Nach fünf Jahren ist der Verkauf steuerfrei.
- Baugrundstücke: Verkauf innerhalb von acht Jahren wird mit 33 % besteuert.
Vermietungseinkünfte
Mieteinnahmen aus belgischen Immobilien werden pauschal auf Basis des Katastereinkommens berechnet, nicht nach den tatsächlichen Einnahmen. Bei möblierter Vermietung an Unternehmen oder bei kurzfristiger Vermietung gelten jedoch andere Regeln.
Ausländische Mieteinnahmen müssen in der belgischen Steuererklärung angegeben werden, sind aber nach DBA oft freigestellt mit Progressionsvorbehalt.
Steuervorteile bei Eigennutzung
Für selbstgenutzte Immobilien gibt es regionale Vergünstigungen. In Flandern wurde der woonbonus (Wohnbonus) für neue Kredite abgeschafft, während Wallonien und Brüssel noch bestimmte Abzugsmöglichkeiten für Hypothekenzinsen und -tilgung bieten.
6. Erbschafts- und Schenkungssteuer
Steuersätze nach Verwandtschaftsgrad
Die Erbschaftssteuer in Belgien ist regional geregelt und stark vom Verwandtschaftsgrad abhängig. Die Sätze variieren erheblich:
Flandern (Erbschaften in direkter Linie und zwischen Partnern):
| Erbschaft | Steuersatz |
|---|---|
| 0 bis 50.000 Euro | 3 % |
| 50.000 bis 250.000 Euro | 9 % |
| Über 250.000 Euro | 27 % |
Für Geschwister:
| Erbschaft | Steuersatz |
|---|---|
| 0 bis 35.000 Euro | 25 % |
| 35.000 bis 75.000 Euro | 30 % |
| Über 75.000 Euro | 55 % |
Für entfernte Verwandte und Fremde:
| Erbschaft | Steuersatz |
|---|---|
| 0 bis 35.000 Euro | 25 % |
| 35.000 bis 75.000 Euro | 45 % |
| Über 75.000 Euro | 55 % |
Wallonien und Brüssel haben ähnliche Strukturen mit teilweise höheren Sätzen.
Freibeträge
Die Freibeträge sind in Belgien gering. In Flandern gibt es für die Familienwohnung eine vollständige Befreiung für den überlebenden Partner. Kinder unter 21 Jahren erhalten reduzierte Sätze.
Schenkungssteuer
Schenkungen werden mit niedrigeren Sätzen besteuert als Erbschaften, wenn sie notariell beurkundet werden:
- Immobilien: 3 % bis 27 % (Flandern) in direkter Linie
- Bewegliches Vermögen: 3 % bis 7 % je nach Region und Verwandtschaftsgrad
Nicht notarielle Schenkungen (z.B. Banküberweisung) sind steuerfrei, wenn der Schenker noch mindestens drei Jahre lebt. Andernfalls wird die Schenkung zur Erbschaft.
Internationale Aspekte
Bei grenzüberschreitenden Erbschaften gilt: Hatte der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz in Belgien, wird das gesamte weltweite Vermögen besteuert. Bei Wohnsitz im Ausland nur das in Belgien belegene Vermögen (hauptsächlich Immobilien).
Das DBA mit Deutschland zur Erbschaftsteuer kann doppelte Besteuerung vermeiden, allerdings sind die Regelungen komplex.
7. Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer
Steuersätze
| Kategorie | Satz |
|---|---|
| Regelsteuersatz | 21 % |
| Ermäßigter Satz | 12 % (Restaurants, Sozialwohnungen) |
| Ermäßigter Satz | 6 % (Grundnahrungsmittel, Bücher, Medikamente, Reparaturen) |
| Nullsatz | 0 % (Zeitungen, Recycling-Materialien) |
Kleinunternehmerregelung
Unternehmer mit einem Jahresumsatz unter 25.000 Euro können die vrijstellingsregeling (Kleinunternehmerregelung) nutzen und sind von der Mehrwertsteuer befreit. Sie dürfen dann jedoch keine Vorsteuer abziehen und keine Mehrwertsteuer auf Rechnungen ausweisen.
Umsatzsteuerpflicht für Unternehmer
Selbstständige und Unternehmen mit Umsätzen über 25.000 Euro müssen sich für die Mehrwertsteuer registrieren. Die Erklärungen sind je nach Umsatzhöhe monatlich oder vierteljährlich einzureichen.
Reverse-Charge-Verfahren
Bei grenzüberschreitenden B2B-Leistungen innerhalb der EU greift das Reverse-Charge-Verfahren. Der Leistungsempfänger schuldet die Mehrwertsteuer und kann sie gleichzeitig als Vorsteuer abziehen.
8. Weitere relevante Steuern
Kfz-Steuer
Die Kfz-Steuer ist regional unterschiedlich und basiert auf Hubraum, Motorleistung und CO2-Ausstoß. In Flandern wird die Steuer für Neuwagen zunehmend nach Umweltkriterien berechnet.
Zulassungssteuer (BIV): Einmalige Steuer bei der Erstzulassung eines Fahrzeugs, je nach Region zwischen einigen hundert und mehreren tausend Euro.
Jährliche Verkehrssteuer: Abhängig von Fahrzeugtyp und Region, typischerweise 100 bis 500 Euro für Pkw.
Versicherungssteuer
Versicherungsprämien unterliegen einer Steuer von 9,25 % für Lebensversicherungen und bis zu 27 % für Kfz-Versicherungen.
Börsentransaktionssteuer (TOB)
Die taxe sur les opérations de bourse beträgt je nach Produktart:
- 0,12 % auf Anleihen
- 0,35 % auf Aktien
- 1,32 % auf thesaurierende Fonds
Kommunale Steuern
Gemeinden erheben diverse Abgaben wie Müllgebühren, Hundesteuer und Touristensteuern. In Städten wie Brügge oder Brüssel fallen für touristische Unterkünfte pro Nacht und Person etwa 3 bis 7 Euro an.
9. Steueroptimierung für Auswanderer
Das Impatriate-Regime (Sonderstatus für zugezogene Fachkräfte)
Seit 2022 bietet Belgien ein neues Steuerregime für Impatriates (BBIB – Bijzonder belastingstelsel voor inkomende belastingplichtigen). Dieses ermöglicht erhebliche Steuervorteile:
Voraussetzungen:
- Rekrutierung aus dem Ausland oder Versetzung durch einen Arbeitgeber
- Mindestjahreseinkommen von 75.000 Euro (brutto)
- In den letzten fünf Jahren kein belgischer Steuerresident
- Mindestens 150 km Entfernung zur belgischen Grenze vor dem Zuzug
Vorteile:
- Bis zu 30 % des Gehalts können als steuerfreie Kostenpauschale gezahlt werden (maximal 90.000 Euro)
- Keine belgische Besteuerung auf ausländische Arbeitstage
- Gilt für maximal fünf Jahre (einmalig verlängerbar auf acht Jahre)
Timing des Umzugs
Der Zeitpunkt deines Umzugs kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben:
- Jahresende: Ein Umzug zum Jahresende minimiert die belgische Steuerpflicht im ersten Jahr.
- Wegzugsbesteuerung: Plane ausreichend Zeit für die Abwicklung der deutschen Wegzugsbesteuerung ein.
- Rentenantritt: Prüfe, ob ein Umzug vor oder nach Rentenbeginn günstiger ist.
Günstige Unternehmensformen
Für Selbstständige und Unternehmer kann die Gründung einer belgischen Gesellschaft sinnvoll sein:
SRL/BV (Gesellschaft mit beschränkter Haftung): Mindestkapital 1 Euro (praktisch jedoch höher empfohlen), Körperschaftsteuer 25 % (20 % auf erste 100.000 Euro für KMU).
Managementgesellschaft: Führungskräfte können ihre Einkünfte über eine Managementgesellschaft strukturieren und so die Steuerlast optimieren.
Nutzung von Steuerfreibeträgen
- Maximiere den Grundfreibetrag durch Familienstand und unterhaltsberechtigte Personen
- Nutze Pensionssparpläne (bis 1.020 oder 1.310 Euro jährlich absetzbar)
- Investiere in steuerlich geförderte Anlageprodukte
Holding-Strukturen
Belgien ist bekannt für sein günstiges Holding-Regime mit der DBI-Freistellung (Dividenden-Bénéfices-Imputés). Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen sind zu 100 % von der Körperschaftsteuer befreit, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind (mindestens 10 % Beteiligung oder Mindestanschaffungswert von 2,5 Millionen Euro).
10. Steuererklärung und Fristen
Abgabefristen
| Art der Erklärung | Frist |
|---|---|
| Einkommensteuererklärung (Papier) | Ende Juni |
| Einkommensteuererklärung (Online) | Mitte Juli |
| Einkommensteuererklärung (Steuerberater) | Ende Oktober |
| Mehrwertsteuererklärung (monatlich) | 20. des Folgemonats |
| Körperschaftsteuererklärung | Innerhalb eines Monats nach Hauptversammlung |
Benötigte Unterlagen
- Lohnsteuerbescheinigungen (Fiche 281.10)
- Bescheinigungen über Kapitalerträge
- Belege für absetzbare Ausgaben
- Informationen zu ausländischen Konten
- Nachweise über Hypothekenzahlungen
- Bescheinigungen über Pensionssparen und Lebensversicherungen
Online-Portal
Die belgische Steuererklärung erfolgt über MyMinfin (Tax-on-web). Das Portal ist mehrsprachig verfügbar und ermöglicht die elektronische Einreichung, Einsicht in vergangene Erklärungen und die Kommunikation mit der Steuerbehörde.
Notwendigkeit eines Steuerberaters
Angesichts der Komplexität des belgischen Steuersystems ist ein Steuerberater (comptable oder fiscaliste) für Auswanderer dringend empfohlen, insbesondere bei:
- Selbstständiger Tätigkeit
- Ausländischen Einkünften
- Immobilienbesitz im Ausland
- Anwendung des Impatriate-Regimes
Die Kosten für einen Steuerberater liegen typischerweise zwischen 300 und 1.000 Euro jährlich für Arbeitnehmer, deutlich mehr für Selbstständige und Unternehmer.
Strafen bei Verspätung
- Verspätete Abgabe: Steuerzuschlag von 10 % bis 200 % der Steuerschuld
- Fehlende Angaben: Bußgelder zwischen 50 und 1.250 Euro pro Verstoß
- Nichterklärung ausländischer Konten: Bis zu 25.000 Euro Strafe
11. Sozialversicherungsbeiträge
Übersicht für Arbeitnehmer
| Beitrag | Arbeitnehmeranteil | Arbeitgeberanteil |
|---|---|---|
| Gesamtbeitrag | 13,07 % | ca. 25 % |
| Davon: Krankenversicherung | enthalten | enthalten |
| Davon: Rentenversicherung | enthalten | enthalten |
| Davon: Arbeitslosenversicherung | enthalten | enthalten |
Es gibt keine Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitnehmer – die 13,07 % werden auf das gesamte Bruttogehalt erhoben.
Übersicht für Selbstständige
Selbstständige zahlen Beiträge an eine Sozialversicherungskasse (caisse d’assurances sociales):
| Einkommensbereich | Beitragssatz |
|---|---|
| Bis etwa 16.400 Euro | Mindestbeitrag ca. 850 Euro/Quartal |
| 16.400 bis etwa 70.800 Euro | 20,5 % |
| 70.800 bis etwa 103.700 Euro | 14,16 % |
| Über 103.700 Euro | keine weiteren Beiträge |
Leistungen
Die belgische Sozialversicherung umfasst:
- Krankenversicherung: Kostenerstattung für Arztbesuche (ca. 75 %) und Krankenhausaufenthalte
- Rentenversicherung: Gesetzliche Rente, Höhe abhängig von Beitragsjahren und Einkommen
- Arbeitslosenversicherung: Anspruch nach Beschäftigungszeiten, unbefristete Dauer (mit Degression)
- Kindergeld: Regionale Zuständigkeit, Beträge variieren
- Mutterschafts-/Elternurlaub: 15 Wochen Mutterschaftsurlaub, 20 Tage Vaterschaftsurlaub
Vergleich zu DACH-Ländern
| Land | Arbeitnehmeranteil Sozialversicherung | Arbeitgeberanteil |
|---|---|---|
| Belgien | 13,07 % | ca. 25 % |
| Deutschland | ca. 20 % (mit BBG) | ca. 20 % |
| Österreich | ca. 18 % | ca. 21 % |
| Schweiz | ca. 6 % (AHV/IV/EO) | ca. 6 % |
Belgien hat relativ niedrige Arbeitnehmerbeiträge, aber sehr hohe Arbeitgeberbeiträge. Die Gesamtbelastung der Arbeit ist eine der höchsten in Europa.
12. Vergleich zu Deutschland/Schweiz/Österreich
Tabellarischer Vergleich
| Steuerart | Belgien | Deutschland | Schweiz | Österreich |
|---|---|---|---|---|
| Einkommensteuer-Spitzensatz | 50 % (+ Zuschläge) | 45 % (+ Soli) | 11 bis 35 % | 55 % |
| Grundfreibetrag | 10.570 Euro | 11.784 Euro | variiert | 11.693 Euro |
| Körperschaftsteuer | 25 % (KMU: 20 %) | 30 % (inkl. GewSt) | 12 bis 20 % | 23 % |
| Kapitalertragsteuer Dividenden | 30 % | 26,375 % | Einkommensteuer | 27,5 % |
| Kapitalertragsteuer Kursgewinne | 0 % / 33 % | 26,375 % | 0 % | 27,5 % |
| Vermögensteuer | 0,15 % ab 1 Mio. | keine | kantonal | keine |
| Mehrwertsteuer | 21 % | 19 % | 8,1 % | 20 % |
| Erbschaftsteuer (Kinder) | 3 bis 27 % | 7 bis 30 % | kantonal | keine |
Beispielrechnungen
Beispiel 1: Angestellter mit 60.000 Euro Bruttojahresgehalt
| Land | Einkommensteuer | Sozialabgaben AN | Netto ca. |
|---|---|---|---|
| Belgien | ca. 17.500 Euro | ca. 7.840 Euro | 34.660 Euro |
| Deutschland | ca. 13.500 Euro | ca. 12.000 Euro | 34.500 Euro |
| Schweiz (Zürich) | ca. 8.000 Euro | ca. 3.600 Euro | 48.400 Euro |
| Österreich | ca. 14.000 Euro | ca. 10.800 Euro | 35.200 Euro |
Beispiel 2: Selbstständiger mit 80.000 Euro Gewinn
| Land | Einkommensteuer | Sozialabgaben | Netto ca. |
|---|---|---|---|
| Belgien | ca. 27.000 Euro | ca. 16.400 Euro | 36.600 Euro |
| Deutschland | ca. 22.000 Euro | ca. 14.000 Euro | 44.000 Euro |
| Schweiz | ca. 12.000 Euro | ca. 8.000 Euro | 60.000 Euro |
| Österreich | ca. 24.000 Euro | ca. 16.000 Euro | 40.000 Euro |
Pro und Contra aus steuerlicher Sicht
Vorteile Belgien:
- Keine Kapitalertragsteuer auf private Kursgewinne (normale Vermögensverwaltung)
- Attraktives Impatriate-Regime für Fachkräfte
- Günstiges Holding-Regime
- Niedrige Arbeitnehmer-Sozialabgaben
Nachteile Belgien:
- Sehr hohe Einkommensteuersätze
- Komplexes föderales System
- Hohe Steuerbelastung für Selbstständige
- Hohe Erbschaftsteuern außerhalb der direkten Linie
Fazit
Belgien ist steuerlich gesehen kein Niedrigsteuerland – ganz im Gegenteil. Mit Spitzensteuersätzen von über 50 % bei der Einkommensteuer gehört das Königreich zu den am höchsten besteuerten Ländern Europas. Dennoch gibt es Konstellationen, in denen sich ein Umzug nach Belgien steuerlich lohnen kann.
Für diese Auswanderer-Typen kann Belgien interessant sein:
- Internationale Fachkräfte: Das Impatriate-Regime bietet erhebliche Steuervorteile für zugezogene Spezialisten mit hohem Gehalt.
- Passive Investoren: Die Steuerfreiheit von Kursgewinnen bei normaler Vermögensverwaltung ist einzigartig in Westeuropa.
- Holding-Gesellschafter: Das belgische DBI-Regime macht Belgien attraktiv für Unternehmensstrukturen mit Beteiligungen.
- EU-Beamte: Sonderregelungen für EU-Angestellte in Brüssel.
Weniger geeignet für:
- Selbstständige und Freiberufler mit mittleren Einkommen
- Rentner mit hohen Pensionen
- Menschen mit großem Erbschaftspotenzial außerhalb der direkten Linie
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Einkommensteuer bis 50 % plus regionale Zuschläge
- Kursgewinne bei normaler Vermögensverwaltung steuerfrei
- Impatriate-Regime bietet bis zu 30 % steuerfreie Pauschale
- Hohe Sozialversicherungsbeiträge für Selbstständige (über 20 %)
- Keine klassische Vermögensteuer, aber Depotsteuer ab 1 Million Euro
- Komplexe regionale Unterschiede bei Immobilien- und Erbschaftsteuer
Empfehlung: Aufgrund der Komplexität des belgischen Steuersystems und der regionalen Unterschiede solltest du vor dem Umzug unbedingt einen Steuerberater konsultieren, der sowohl mit dem belgischen System als auch mit den Regelungen deines Herkunftslandes vertraut ist. Eine sorgfältige Planung kann tausende Euro sparen – sowohl bei der Wegzugsbesteuerung als auch bei der Optimierung deiner belgischen Steuersituation.
FAQ
Muss ich als deutscher Rentner in Belgien meine deutsche Rente versteuern? Ja, nach dem Doppelbesteuerungsabkommen werden deutsche Renten ausschließlich in Belgien besteuert. Du musst sie vollständig in deiner belgischen Steuererklärung angeben und versteuerst sie nach dem belgischen progressiven Tarif.
Wie hoch ist die Steuerbelastung für einen Angestellten mit 50.000 Euro Jahresgehalt? Bei einem Bruttogehalt von 50.000 Euro zahlst du etwa 6.540 Euro Sozialversicherungsbeiträge und circa 12.500 Euro Einkommensteuer. Es verbleiben netto etwa 31.000 Euro – eine Gesamtbelastung von rund 38 %.
Gilt das Impatriate-Regime auch für Selbstständige? Nein, das neue Impatriate-Regime von 2022 gilt nur für Arbeitnehmer und Unternehmensleiter, nicht für Selbstständige. Du musst außerdem mindestens 75.000 Euro Jahreseinkommen haben und von außerhalb Belgiens rekrutiert werden.
Werden Kursgewinne aus Aktienverkäufen in Belgien besteuert? Gewinne aus dem Verkauf von Aktien im Rahmen einer normalen privaten Vermögensverwaltung sind steuerfrei. Wirst du jedoch als spekulativer Händler eingestuft, fallen 33 % Steuern an. Die Abgrenzung ist nicht immer eindeutig.
Welche Region in Belgien hat die niedrigsten Steuern? Die Unterschiede sind gering. Flandern hat tendenziell leicht niedrigere Regionalzuschläge zur Einkommensteuer und günstigere Grunderwerbsteuersätze. Brüssel bietet attraktive Freibeträge für Erstkäufer von Immobilien.
Muss ich mein deutsches Bankkonto in Belgien melden? Ja, als belgischer Steuerresident musst du alle ausländischen Konten und Depots dem Zentralen Kontaktpunkt der Nationalbank Belgien melden und in der Steuererklärung angeben. Die Nichtmeldung kann zu erheblichen Strafen führen.
Kann ich die deutsche Wegzugsbesteuerung vermeiden? Nein, aber du kannst bei einem Umzug innerhalb der EU eine Ratenzahlung über sieben Jahre beantragen. Die Steuerpflicht auf stille Reserven bei Unternehmensbeteiligungen über 1 % bleibt bestehen.
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Zuletzt aktualisiert: 9. Dezember 2025 von Jan Harmening (2005 ausgewandert)
