Die Bevölkerung auf Kreta: Menschen, Kultur und Lebensweise

Auf Kreta leben etwa 630.000 Menschen, wobei die Bevölkerungsdichte mit rund 75 Einwohnern pro Quadratkilometer deutlich unter dem griechischen Durchschnitt liegt. Die Mehrheit konzentriert sich in den Städten Heraklion (circa 175.000 Einwohner), Chania (110.000), Rethymno (35.000) und Agios Nikolaos (27.000). Die ländlichen Bergregionen sind hingegen dünn besiedelt und teilweise von Entvölkerung betroffen.

Die Kreter bilden ethnisch gesehen eine relativ homogene Gruppe griechischer Abstammung. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bevölkerungsstruktur allerdings gewandelt: Neben den einheimischen Kretern leben heute auch Festlandgriechen, die der Arbeit wegen auf die Insel gezogen sind, sowie Migranten aus Osteuropa (besonders Albanien, Bulgarien, Rumänien), die hauptsächlich in der Landwirtschaft und im Baugewerbe tätig sind. In den Touristenzentren findest Du zudem eine wachsende Zahl von EU-Ausländern, die sich dauerhaft niedergelassen haben – darunter viele Deutsche, Briten und Niederländer.

Hafen in Agia Galini auf Kreta
Hafen mit Fischerbooten in Agia Galini auf Kreta

Sprache und Verständigung: Griechisch mit kretischem Akzent

Die Amtssprache ist Griechisch, doch die Kreter sprechen einen charakteristischen Dialekt, der sich deutlich vom Standardgriechisch unterscheidet. Der kretische Dialekt weist besondere Aussprachemerkmale auf und enthält zahlreiche eigene Wörter, die selbst für Festlandgriechen schwer verständlich sein können. Besonders in den Bergdörfern ist dieser Dialekt stark ausgeprägt.

In touristischen Gebieten kommst Du mit Englisch gut zurecht – viele Kreter in der Tourismusbranche sprechen passables Englisch, teilweise auch Deutsch. In ländlichen Regionen und bei der älteren Generation sind Fremdsprachenkenntnisse jedoch selten. Wenn Du Dich bemühst, ein paar Worte Griechisch zu lernen, wird das von den Einheimischen sehr geschätzt und öffnet Dir viele Türen.

Religion und Tradition: Orthodoxe Prägung im Alltag

Kreta ist tief orthodox-christlich geprägt. Die griechisch-orthodoxe Kirche spielt eine zentrale Rolle im Leben der meisten Kreter, auch wenn die jüngere Generation weniger streng religiös ist als ihre Großeltern. Kirchliche Feiertage werden ausgiebig gefeiert, und religiöse Feste strukturieren den Jahreskalender.

Du wirst überall auf der Insel kleine Kapellen und Wegkreuze finden – oft an besonders schönen oder geschichtsträchtigen Orten errichtet. Namenstage sind wichtiger als Geburtstage und werden mit Familie und Freunden gefeiert. Die Fastenzeit vor Ostern wird von vielen noch ernst genommen, wobei auf Fleisch, Milchprodukte und manchmal auch Öl verzichtet wird.

Andere Religionsgemeinschaften sind auf Kreta eine kleine Minderheit. Es gibt einige muslimische Migranten sowie kleine protestantische und katholische Gemeinden, die hauptsächlich aus ausländischen Residenten bestehen.

Kretische Mentalität: Stolz, Gastfreundschaft und Eigensinn

Die Kreter gelten als besonders stolz auf ihre Herkunft und ihre Geschichte. Sie sehen sich nicht einfach als Griechen, sondern in erster Linie als Kreter – eine Identität, die auf jahrtausendelanger eigenständiger Kultur und einem ausgeprägten Widerstandsgeist basiert. Dieser Stolz zeigt sich in der Pflege von Traditionen, der lokalen Küche und der kretischen Musik.

Gastfreundschaft ist ein zentraler Wert. Wenn Du als Fremder in ein kretisches Dorf kommst, wirst Du oft spontan zum Kaffee oder Essen eingeladen. Diese Philoxenia (Fremdenfreundlichkeit) ist tief in der Kultur verwurzelt. Gleichzeitig können Kreter sehr eigensinnig und manchmal stur sein – was historisch als Überlebensstrategie unter verschiedenen Besatzungsmächten diente.

Das soziale Leben spielt sich hauptsächlich draußen ab. Kafenions (traditionelle Kaffeehäuser) sind die sozialen Treffpunkte, besonders für Männer. Dort wird stundenlang bei Kaffee oder Raki diskutiert, Politik debattiert und Backgammon gespielt.

Haltung gegenüber Ausländern: Grundsätzlich offen, aber mit Erwartungen

Touristen Strand auf Kreta
Touristen Strand auf Kreta

Kreter sind Ausländern gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen – schließlich lebt die Insel vom Tourismus. Du wirst als Tourist herzlich willkommen geheißen und meist mit viel Geduld behandelt. Auch Auswanderer und Residenten werden akzeptiert, sofern sie Respekt vor der lokalen Kultur zeigen.

Allerdings erwarten Kreter, dass Du Dich bemühst, ihre Sprache zu lernen und ihre Traditionen zu respektieren. Wer sich integrieren möchte, sollte bereit sein, am Dorfleben teilzunehmen und nicht isoliert in einer Expat-Enklave zu leben. Arrogantes Auftreten oder der Versuch, „alles besser zu wissen“, wird übel genommen.

Die Einstellung zu Migranten aus Nicht-EU-Ländern ist gemischter. Während Arbeitskräfte aus Osteuropa mittlerweile zum Alltagsbild gehören, gibt es gegenüber Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten teilweise Vorbehalte – besonders in wirtschaftlich schwächeren Regionen.

Einkaufen und Konsum: Zwischen Tradition und Moderne

Matala Shopping Meile mit Restaurants
Matala Shopping Meile mit Restaurants

Das Einkaufsverhalten auf Kreta folgt noch vielerorts traditionellen Mustern. Kleinere Geschäfte, Wochenmärkte und Dorfläden sind wichtiger als in Mitteleuropa üblich. Auf den Laiki Agora (Wochenmärkten) kaufen viele Kreter ihr frisches Obst, Gemüse und lokale Produkte direkt von Bauern.

Gleichzeitig haben in den Städten moderne Supermärkte wie Lidl, Carrefour und griechische Ketten Fuß gefasst. Die jüngere, urbane Generation kauft zunehmend in diesen Märkten ein, während ältere Menschen den persönlichen Kontakt in kleinen Geschäften bevorzugen.

Öffnungszeiten sind gewöhnungsbedürftig: Viele Geschäfte schließen mittags für zwei bis drei Stunden (Siesta), öffnen dann wieder bis etwa 20 oder 21 Uhr. Sonntags ist vieles geschlossen, außer in touristischen Zentren.

Beim Einkauf wird noch häufig bar bezahlt, auch wenn Kartenzahlung zunimmt. Handeln ist auf Märkten teilweise möglich, in Geschäften jedoch unüblich. Bei lokalen Produkten legen Kreter Wert auf Qualität und Herkunft – „Made in Crete“ ist ein Verkaufsargument.

Typische Verhaltensweisen: Spontanität und Flexibilität

Kreter leben nach dem Motto „siga siga“ (langsam, langsam). Hektik und Stress werden vermieden, und Flexibilität ist wichtiger als starre Planung. Verabredungen sind oft eher grobe Zeitangaben als fixe Termine. Diese entspannte Einstellung zum Zeitmanagement kann für Deutsche, die Pünktlichkeit gewohnt sind, frustrierend sein.

Lautes, lebhaftes Sprechen und gestikulieren ist normal und sollte nicht als Streit missverstanden werden. Kreter sind emotional expressiv und zeigen ihre Gefühle offen. Körperliche Nähe bei Gesprächen und häufige Berührungen (Umarmungen, Schulterklopfen) sind Zeichen von Freundschaft.

Die Mahlzeiten sind zentrale soziale Ereignisse. Gegessen wird spät – das Mittagessen gegen 14 bis 15 Uhr, das Abendessen selten vor 21 Uhr. Essen wird in großen Mengen serviert und geteilt. Es gilt als unhöflich, eine Einladung zum Essen abzulehnen.

Freizeitgestaltung: Zwischen Meer, Bergen und Geselligkeit

Die Freizeitgestaltung der Kreter dreht sich stark um soziale Kontakte und die Familie. Treffen mit Freunden und Verwandten, gemeinsame Mahlzeiten und Feste stehen im Mittelpunkt. Das Meer spielt eine große Rolle – im Sommer verbringen viele ihre freien Tage am Strand oder auf Bootausflügen.

Wandern in den Bergen erfreut sich zunehmender Beliebtheit, besonders bei der jüngeren Generation. Die Samaria-Schlucht und andere Wanderwege ziehen auch viele einheimische Naturliebhaber an. Jagd ist in ländlichen Gebieten ein traditionelles Hobby.

Kulturelle Veranstaltungen wie Dorffeste (Panigiri), traditionelle Tanzabende und Live-Musik mit kretischer Lyra sind beliebt. Bei solchen Festen wird bis in die frühen Morgenstunden getanzt, gegessen und getrunken. Die traditionellen Tänze wie Pentozali und Sousta werden von allen Generationen beherrscht.

Kaffeehaus-Kultur ist nach wie vor zentral, besonders für Männer. Frauen treffen sich eher zu Hause, wobei sich dies in den Städten und bei jüngeren Generationen ändert.

Volkssport und Sportbegeisterung: Fußball dominiert

Fußball ist mit Abstand die populärste Sportart auf Kreta. Die lokalen Vereine OFI Kreta (aus Heraklion) und Ergotelis (aus Heraklion) haben leidenschaftliche Anhänger. An Spieltagen sind die Kafenions voll, und die Spiele werden emotional verfolgt.

Basketball ist die zweitbeliebteste Mannschaftssportart. Viele Dörfer haben eigene Basketballplätze, und die griechische Basketball-Liga wird aufmerksam verfolgt.

Weitere beliebte Sportarten sind Volleyball, Wasserball und zunehmend auch Wassersportarten wie Windsurfen und Kitesurfen an der Nordküste. Radsport und Trailrunning gewinnen als Freizeitsport an Bedeutung, bleiben aber Nischensportarten.

Traditionelle Sportarten wie das Stiefellaufen (ein Ausdauerlauf in voller traditioneller Tracht mit schweren Stiefeln) werden bei Volksfesten ausgetragen und ziehen viele Zuschauer an.

Familie und Generationen: Starker Zusammenhalt

Der Familiensinn ist auf Kreta außerordentlich stark ausgeprägt. Mehrgenerationenhaushalte sind keine Seltenheit, und selbst wenn die Generationen getrennt wohnen, leben sie oft im selben Dorf oder derselben Stadt. Sonntags kommen die Familien traditionell zum gemeinsamen Essen zusammen.

Kinder werden über alles geliebt und oft verwöhnt. Kinderfreundlichkeit zeigt sich überall: In Restaurants sind Kinder selbstverständlich willkommen (auch bis spät abends), und fremde Menschen sprechen Kinder auf der Straße an, streicheln ihnen über den Kopf und schenken ihnen Süßigkeiten. Diese Aufmerksamkeit ist positiv gemeint und ein Zeichen der Wertschätzung von Familie und Nachwuchs.

Ältere Menschen genießen großen Respekt und werden in die Familie integriert. Altenheime sind weniger verbreitet als in Nordeuropa – die Pflege der Eltern und Großeltern wird meist von der Familie übernommen. Auf der Straße stehen jüngere Menschen automatisch auf, um älteren Menschen Platz zu machen.

Die Rolle der Frau hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. In Städten arbeiten viele Frauen und sind selbstbewusster. In traditionellen Dorfgemeinschaften sind die Rollenbilder jedoch noch konservativer, wobei auch dort die Frauen oft das Sagen im Haushalt haben.

Arbeitsmoral und Berufsleben: Pragmatismus statt Perfektionismus

Fischer bei der Arbeit
Fischer bei der Arbeit

Die Einstellung zur Arbeit unterscheidet sich deutlich von der deutschen oder nordeuropäischen Arbeitsethik. Arbeit ist ein Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck. Das Leben außerhalb der Arbeit – Familie, Freunde, Freizeit – hat einen höheren Stellenwert.

Pünktlichkeit wird nicht so streng gesehen wie in Deutschland. Ein Termin um 10 Uhr kann auch 10:30 Uhr bedeuten, ohne dass dies als Problem empfunden wird. Diese Flexibilität erfordert von Auswanderern Geduld und Anpassung.

Zuverlässigkeit ist situationsabhängig. Bei wichtigen familiären oder freundschaftlichen Angelegenheiten sind Kreter sehr zuverlässig. Bei formellen Terminen, Behördengängen oder Handwerkerarbeiten kann es zu Verzögerungen kommen, die mit „siga siga“ oder „avrio“ (morgen – was auch „irgendwann“ bedeuten kann) erklärt werden.

Weiterbildung und formale Qualifikationen werden geschätzt, besonders bei jüngeren Menschen. Viele studieren auf dem Festland oder im Ausland. Gleichzeitig ist praktische Erfahrung und das Netzwerk („Vitamin B“ bzw. „Meso“ auf Griechisch) oft wichtiger als Zertifikate.

Umweltbewusstsein: Im Wandel begriffen

Das Umweltbewusstsein auf Kreta ist traditionell nicht besonders ausgeprägt, befindet sich aber im Wandel. Müllentsorgung ist ein Problem – wilde Müllkippen existieren noch immer, besonders in abgelegenen Regionen. Mülltrennung wird zwar in Städten gefördert, wird aber längst nicht von allen konsequent praktiziert.

Die jüngere, gebildete Generation zeigt mehr Umweltbewusstsein. Initiativen für Strandreinigungen, Recycling und Naturschutz nehmen zu. Der Tourismus hat auch ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass die natürliche Schönheit der Insel ein wertvolles Gut ist.

Wasserverbrauch wird aufgrund der häufigen Trockenheit ernster genommen, wobei die Verschwendung von Wasser in der Landwirtschaft problematisch bleibt. Solarenergie wird zunehmend genutzt – viele Häuser haben Solarpaneele für Warmwasser.

Plastikverbrauch ist hoch, allerdings gibt es seit einigen Jahren Bemühungen, Einwegplastik zu reduzieren. In Supermärkten müssen Plastiktüten bezahlt werden, was zu einem Umdenken geführt hat.

Bekannte Persönlichkeiten aus Kreta

Nikos Kazantzakis (1883-1957) – Schriftsteller und Philosoph, weltberühmt für seinen Roman „Alexis Sorbas“, der die kretische Lebensphilosophie verkörpert und verfilmt wurde. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

El Greco (Domínikos Theotokópoulos, 1541-1614) – Maler, der in Heraklion geboren wurde und später in Spanien wirkte. Sein expressionistischer Stil beeinflusste die moderne Malerei nachhaltig, besonders durch seine dramatischen religiösen Darstellungen.

Eleftherios Venizelos (1864-1936) – Staatsmann, der als Architekt des modernen Griechenlands gilt. Er vereinte Kreta mit Griechenland und prägte als Premierminister die griechische Politik des frühen 20. Jahrhunderts entscheidend.

Mikis Theodorakis (1925-2021) – Komponist mit kretischen Wurzeln, international bekannt durch die Filmmusik zu „Alexis Sorbas“. Seine Werke verbinden traditionelle griechische Musik mit klassischen Elementen und politischem Engagement.

Niki Xanthou (geboren 1973) – Leichtathletin und Weitsprung-Weltmeisterin 2003. Sie gewann mehrere Medaillen bei Europameisterschaften und Olympischen Spielen und ist eine der erfolgreichsten griechischen Sportlerinnen.

Psarantonis (Antonis Xylouris, geboren 1942) – Musiker und Meister der kretischen Lyra. Er revolutionierte die traditionelle kretische Musik und trat weltweit auf, wodurch er kretische Musiktraditionen international bekannt machte.

Vitsentzos Kornaros (1553-1613) – Dichter, Autor des epischen Gedichts „Erotokritos“, das als Meisterwerk der kretischen Literatur gilt. Das Werk wird noch heute auswendig rezitiert und beeinflusste die griechische Literatur nachhaltig.

Fazit: Leben im Rhythmus der Insel

Die Bevölkerung Kretas zeichnet sich durch eine einzigartige Mischung aus Tradition und Moderne aus. Die tief verwurzelte Verbindung zu ihrer Geschichte und Kultur prägt das tägliche Leben, während gleichzeitig Offenheit für Veränderungen und Fremde besteht. Der starke Familiensinn, die ausgeprägte Gastfreundschaft und die entspannte Lebenseinstellung schaffen eine Atmosphäre, die viele Auswanderer und Besucher als bereichernd empfinden.

Wenn Du planst, auf Kreta zu leben, solltest Du bereit sein, Dich auf den kretischen Rhythmus einzulassen. Pünktlichkeit und Effizienz nach mitteleuropäischem Standard wirst Du hier nicht finden – dafür aber eine Lebensqualität, die auf menschlichen Beziehungen, gutem Essen und der Wertschätzung des Moments basiert. Die Kreter erwarten von Ausländern keine perfekte Anpassung, aber Respekt vor ihrer Kultur und die Bereitschaft, Teil der Gemeinschaft zu werden.

Die jüngeren Generationen verbinden zunehmend traditionelle Werte mit modernem Lebensstil, was Kreta zu einem Ort macht, an dem alte Traditionen lebendig bleiben, während sich die Insel gleichzeitig weiterentwickelt. Für Auswanderer, die bereit sind, sich auf diese besondere Mentalität einzulassen und die griechische Sprache zumindest in Grundzügen zu erlernen, bietet Kreta eine herzliche, authentische Gemeinschaft und eine Lebensweise, die in vielen Teilen Europas verloren gegangen ist.

Hilfen für einen sorglosen Umzug nach Kreta

Nachfolgend findest du alle Hilfen für deine sorglose Auswanderung nach Kreta, vom ersten Schritt bis zur erfolgreichen Integration. Die Links führen zu den jeweiligen Angeboten, Hilfen und Dienstleistungen.

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Zuletzt aktualisiert: 27. November 2025 von Jan Harmening (2005 ausgewandert)