Für jedes Land gibt es auch Beispiele für gescheiterte Auswanderungen. Ist es dann korrekt, wenn ich hauptsächlich die Erfahrungen erfolgreicher Auswanderer suche und hier online veröffentliche?
Ich denke, ja. Natürlich kann man auch aus negativen Erfahrungen lernen. Doch die Leser möchten in erster Linie bestmöglich auswandern und erfolgreiche Wege kennenlernen. Nachfolgend daher ein anspornendes Beispiel:
Interview mit einer Reiseleiterin im März 2007
Sie sind Schweizerin und leben seit 2 Jahren hier in Ägypten. Was hat Sie dazu bewogen die Schweiz zu verlassen?
Das ist recht einfach zu beantworten. Die Liebe! Ich habe mich in einen Ägypter verliebt, den Mann meiner Träume, den ich auch vor 2 Jahren geheiratet habe.
Dazu muss ich auch noch ein bischen aus meiner Vergangenheit erzählen. Ich war mit einem Algerier verheiratet und habe mit ihm permanent in der Schweiz gelebt. Das hat aufgrund der unterschiedlichen Kulturen überhaupt nicht gut geklappt und mir ist in dieser Zeit bewusst geworden wie alleine ich zu zweit eigentlich war. Das „Aus“ unserer Ehe kam dann unweigerlich nach 7 Jahren, dass hatte aber nichts mit dem sogenannten „verflixten 7.Jahr“ zu tun.
Abgesehen davon hat mir mein Leben in der Schweiz einfach nicht mehr gefallen. Stress, gesellschaftlicher Druck, jeder denkt nur noch daran, dass es ihm selbst gut geht und es existiert kein Zusammenhalt mehr. Außerdem genieße ich das ganzjährig warme Klima. Meinen jetzigen Ehemann habe ich in einem Chatroom im Internet kennen gelernt. Später haben wir uns dann zum ersten Mal in Paris getroffen.
Wie sind Sie mit dem Kulturschock umgegangen?
Für mich war das nicht so schlimm. Ich habe mich sehr gut über Ägypten informiert bevor ich mich dazu entschlossen habe hier zu leben. Ich bin bereits vor Jahren zum Islam konvertiert. Im ersten Jahr unserer Liebe war ich vier Mal zu Besuch, dann habe ich 3 Monate sozusagen zur Probe hier gelebt und in dieser Zeit auch die Familie meines Mannes lieben gelernt.
Hier gibt es den sogenannten „Öffi – Vertrag“, der das offizielle Zusammensein mit einer europäischen Frau, vor der Ehe, legalisiert. Wenn der Mann dieses von einem Anwalt erstellte Dokument nicht vorweisen kann, bekommt er ernsthafte Probleme und landet im schlimmsten Fall im Gefängnis. Als ich mir dann nach etwa 1 ½ Jahren sicher war, dass ich ständig bei meinem Mann leben wollte, haben wir in Ägypten geheiratet.
Sie arbeiten hier in Hurghada seit 2 Monaten als Reiseleiterin und sind bei einer einheimischen Agentur beschäftigt. Welche Voraussetzungen braucht man um als Europäerin einen solchen Job zu bekommen und wie sind die Konditionen?
Wenn man hier nicht die richtigen Leute kennt, geht hier gar nix! Das lässt sich auf alle Lebensbereiche übertragen. Man kommt als Ausländerin nur sehr schwer rein, auch wenn man noch so qualifiziert ist. Mein Mann kannte Jemand und der wiederum hatte einen Freund der sich für mich umgesehen hat. Mehr Punkte erhält man als schlanke, große und langhaarige Blondine, weil diese Vorzüge hierzulande das Idealbild einer Reiseleiterin ausmachen. Davon bin ich aber weit entfernt. Es war auch meine ganz persönliche und freie Entscheidung ständig ein Kopftuch zu tragen. Das ist meine Art „Hamdullilah“ zu sagen. „Gott sei gedankt!“ Zwei Hotels haben mich deswegen als Reiseleiterin abgelehnt.
Der Verdienst ist nicht mit europäischen Gehältern vergleichbar, aber für Landesverhältnisse bin ich sehr gut bezahlt. Als Gästebetreuerin verdient man im Monat ca. 2.000 EGP (Ägyptische Pfund) das sind umgerechnet ca. € 260,–. Ich als Reiseleiterin bekomme so um die 5.000 EGP ( ca. € 650,–) Im Vergleich dazu erhält ein Angestellter in einem Hotel (Kellner, Zimmerboy etc.) gerade einmal 350 – 500 EGP im Monat, also zwischen € 45,– und maximal € 65,– Nicht selten macht das Trinkgeld mehr aus als der Monatslohn. Ausländische Arbeitskräfte sind in der Regel viel besser bezahlt, auch wenn beide die selbe Arbeit verrichten.
Pro Jahr hat man mindestens 5 Wochen bezahlten Urlaub. Das hängt sehr stark vom persönlichen Verhältnis zum Arbeitgeber ab. Ist es gut, so hat man auch kein Problem zusätzliche bezahlte freie Tage zu bekommen. Ich arbeite noch ohne Arbeitsvertrag, aber es funktioniert gut und wenn ich Freizeit brauche, dann bekomme ich sie in der Regel auch wenn ich darum bitte.
Mit Residenten wird meist erst nach 6 Monaten ein schriftlicher Arbeitsvertrag ge-schlossen. Vielleicht vergleichbar mit einer etwas längeren Probezeit. Hat man diese Zeit gut überstanden, erledigt das der Arbeitgeber und übernimmt auch die Kosten die bei der Vertragserrichtung anfallen. Wer keine Daueraufenthaltsgenehmigung besitzt bekommt auch sofort bei Arbeitsantritt seinen Vertrag.
Wie sieht es mit der Arbeitserlaubnis aus?
Das ist gar kein Problem. Dazu genügt es beim Passamt ein Visum für die Dauer von 6 oder 12 Monaten zu beantragen. Das kann dann auch wieder verlängert werden. Es dauert hier nur alles ein bischen länger als in Europa und man muss sich etwas in Geduld üben.
Wie leben Sie hier?
Sehr gut! Besser als ich das in der Schweiz hätte können. Wenn man einen Muslime heiratet, dann heiratet man vollautomatisch auch gleich seine ganze Familie mit. Das ist so. Aber in meinem Fall ist das auch gut so. Ich mag die Familie sehr. Ich müsste auch nicht arbeiten, weil die Familie meines Mannes sehr wohlhabend ist. Außerdem ist es in Ägypten so, dass der Ehemann sozusagen der Ernährer ist. Ägyptische Frauen gelten eher als bequem und nur sozial höher gestellte Frauen sind auch im Berufsleben anzutreffen, dann aber stets in höheren Etagen. Darum gibt es hier in den Hotels auch nur männliches Zimmerpersonal. Dennoch, wenn eine verheiratete Frau arbeitet, darf sie ihren Verdienst ausschließlich für sich verwenden, sprich muss nichts zum Lebensunterhalt der Familie beitragen.
Ich habe eine sehr schöne 105 m2 große Wohnung hier in Hurghada und bezahle dafür 1.000 EGP (ca. € 130,–) an Miete. Der Strom kostet ca. 75 EGP (ca. € 10,–) im Monat. Die Tonne Wasser schlägt ungefähr mit 15 EGP (€ 2,–) zu Buche, da reichen monatlich etwa 4 Tonnen. Für Lebensmittel geben wir etwa soviel aus wie für die Miete. Dafür kaufen wir aber importierte Ware, also auch Markenartikel. Der Liter Benzin ist für umgerechnet € 0,04 zu haben. In Kairo zum Beispiel ist das Leben noch günstiger. Dort bekommt man auch so gut wie alles.
Sind Sie durch Ihren Arbeitgeber auch kranken- und unfallversichert? Wie sieht es mit der Altersvorsorge (Pension) aus?
Nein, seitens des Arbeitgebers gibt es keine Versicherung. Ich bezahle aber als Dienstnehmer auch keine Steuern. Das heißt ich habe keinerlei Abzüge. Es gibt dieses Sozialversicherungssystem wie wir das von Europa her kennen auch nicht. Wenn man einen Arzt konsultiert bezahlt man das Honorar, das ja verhältnismäßig gering ist. Ein Besuch beim Gynäkologen z.B. kostet ca. 70 EGP (ca. € 10,–). Müsste ich mich einer Operation unterziehen, so würde das jederzeit meine Familie übernehmen. „Hamdhullilah!“ Natürlich gibt es Privatversicherungen, aber das steht von den Kosten her in keinem Verhältnis. Seit einiger Zeit gibt es hier in Hurghada einen deutschen pensionierten Arzt, der eine Krankenversicherung anbietet, jedoch nur regional. Wenn ich mir also in Assuan, oder eben außerhalb von Hurghada, das Bein breche nutzt mir das gar nichts. Am besten man schafft sich Rücklagen, die dann für medizinische Versorgung verwendet wird.
Ich habe mich vor 2 Jahren sozusagen für immer von der Schweiz verabschiedet und mir auch meine Pensionszeiten auszahlen lassen. Egal was kommt, ich bleibe in Ägypten, ich will hier alt werden! Die Altersvorsorge der Ägypter sind schlicht und einfach die Kinder – darum gibt es hier ja auch so kinderreiche Familien.
Welchen Beruf übt ihr Ehemann aus?
Er ist erst mit dem Studium fertig geworden und arbeitet nun als Marketing-Manager. Alles was mit Logistik, Zeitmanagement, Planung und Organisation zu tun hat, damit steht die Mehrheit der Einheimischen auf Kriegsfuß. Das funktioniert in Ägypten einfach nicht. Die Leute haben kein Zeitgefühl und sind meistens unpünktlich. Hier gehen die Uhren einfach anders. Wenn also wirklich Jemand die Fähigkeit besitzt da Ordnung und System hinein zu bringen, hat er hier in Ägypten ordentlich zu tun.
Wie ist Ihr Kontakt zu ägyptischen Frauen? Gibt es freundschaftliche Beziehungen?
Ich habe sehr wenig Kontakt zu Ägypterinnen – ausgenommen meine Familie. Freundinnen ja, aber deutscher, schweizerischer oder österreichischer Abstammung. Wir arbeiten alle in der selben Branche. Oft genug erlebe ich mit wie europäische Frauen hierher kommen, Hals über Kopf heiraten um dann wenig später wieder die Flucht zu ergreifen. Die Wenigsten machen sich ernsthafte Gedanken über ein Leben in Ägypten und was es mit sich bringt. Umdenken ist angesagt und vor allen Dingen sollte man sich über das Land in dem man zu Leben beabsichtigt ausführlich und rechtzeitig informieren – andernfalls sind Probleme vorprogrammiert.
Wie verhält es sich hier in Ägypten mit dem Schulsystem bzw. den Ausbildungsmöglichkeiten?
Die öffentlichen Schulen sind den einheimischen Kindern vorbehalten. Es besteht Schulpflicht, aber viele ärmere Familien können es sich nicht leisten ihre Kinder zur Schule zu schicken. Sie haben kein Geld für Schulmaterial und brauchen daheim jede helfende Hand um die Familie ernähren zu können. Deshalb ist auch der Analphabetismus mit 40-50% im Land sehr hoch. Viele melden auch die Geburt ihrer Kinder nicht ordnungsgemäß bei der Behörde, sodass keine Kontrolle möglich ist. Für die Beduinenkinder zum Beispiel ist oft der Weg zur Schule einfach zu weit. In einer Schulklasse werden ungefähr 40 Kinder unterrichtet. Das monatliche Durchschnittseinkommen eines Lehrkörpers liegt bei etwa 500 EGP (ca. € 65,–)
Es gibt auch Privatschulen, sogenannte Internationale Schulen. Dafür sind dann jährlich etwa € 3.000,– auszulegen. Mit den Universitäten verhält es sich ebenso kostenintensiv.
Ist es für Ausländer möglich in Ägypten Eigentum (Immobilien) zu erwerben?
Ja, Realitäten können auch von Ausländern gekauft werden, mit allen Rechten und Pflichten wie sie auch für Ägypter gelten. Ich rate aber trotzdem nur fertiggestellte Objekte zu erwerben, sonst kann es passieren dass Sie den Handwerkern ewig hinterher laufen.
Für ein Einfamilienhaus, mit allem Drum und Dran (europäischer Standard), können Sie zwischen €100.000,– und €150.000,– rechnen. Für ungefähr € 80.000,– bekommen Sie ein einfacheres Haus. Eine gemütliche Eigentumswohnung (ca. 60m2) wird so um die € 12.000,– gehandelt. Diese Preise beziehen sich auf die Umgebung von Hurghada. In den Großstädten liegen die Preise etwas niedriger.
Was gibt es bei einer Eheschließung zwischen Muslimen und Christen zu beachten?
Ist der Mann Muslime und die Frau Christin, so kann sie das auch nach der Verehelichung weiterhin bleiben. Heiratet aber eine Muslimin einen Christen, muss der Mann zum Islam konvertieren. Kinder die aus der Verbindung mit einem ägyptischen Partner hervorgehen, sind immer automatisch Muslime.
Ehen die in Ägypten geschlossen werden müssen in Europa legalisiert werden um auch dort gesetzlich anerkannt zu werden. Da gibt es gute Unterstützung seitens der Botschaft.
Welche Tips können Sie Europäern geben, die sich in Ägypten niederlassen wollen?
Am wichtigsten ist, dass man sich vorher sehr gut über das Land informiert und im Idealfall bereits Kontakte hat! Der Islam ist allgegenwärtig und wenn man sich damit nicht identifizieren kann, sollte man sich von dem Gedanken hier zu leben ganz schnell wieder verabschieden.
Außerdem muss man sich dessen bewusst sein, dass die Uhren hier einfach anders ticken als in Europa. Alles braucht viel mehr Zeit als wir das gewohnt sind und man muss sich schon damit abfinden mindestens einen Gang zurück zu schalten. Aber hat man das erst einmal verstanden ist bereits eine ganze Menge gelernt.
Wer auf Broterwerb angewiesen ist, sollte zuerst versuchen über ein internationales Unternehmen einen Job in Ägypten zu bekommen, das garantiert einen wesentlich besseren Lohn.
Mit entsprechenden Qualifikationen könnte man ich den Schritt in die Selbständigkeit überlegen. Die Bedingungen sind gut die Steuern sehr niedrig. Besonders gesucht sind Handwerker aller Art. Wenn man da etwas drauf hat und Wert auf Genauigkeit und saubere Arbeit legt, hat man den einheimischen Kollegen viel voraus und kann hier wirklich noch gutes Geld verdienen.
Der Tourismussektor ist bereit ziemlich überlaufen. Für eine Event-Agentur sehe ich allerdings gute Chancen. Ebenso für eine Auswanderer-Agentur. Auf die Idee ist bisher noch keiner gekommen. Aber immer und überall gilt: Die richtigen Leute zu kennen ist die halbe Miete! Außerdem wird man ohne einheimischen Türöffner leider auch vielerorts und gerne über den Tisch gezogen. Das gilt übrigens für alle Aktivitäten!
Gibt es etwas das Sie hier in Ägypten besonders vermissen?
Ja! Schweizer Schokolade. Nächste Woche kommt meine Schwester zu Besuch und versorgt mich mit Nachschub.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Freunde treffen, mich um die Probleme europäischer Frauen kümmern, die schlecht vorbereitet mit einem Ägypter in den Stand der Ehe getreten sind um dann bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit wieder davon zu laufen, Zeit mit meinem Mann verbringen und dann habe ich auch noch zwei Katzen.
Haben Sie ein Credo?
No risk, no fun! (Aber immer unter Einsatz eines gesunden Menschenverstandes!)
Möchten Sie schnell die Sprache Ihrer neuen Heimat sprechen?
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Emigration – Wegzug von Deutschland
Die Nachwirkungen und die Unsicherheit nach der Wirtschaftskrise sowie die anhaltende Finanzkrise in Europa haben in 2014 wieder viele Deutsche bewogen, über einen Umzug ins Ausland nachzudenken und Schritte zu unternehmen, die Heimat zu verlassen. Das spiegelte sich auch in den Wegzügen aus dem Bundesgebiet wieder.
Von der Wahl der Auswanderungsziele kann man Anregungen für die eigenen Überlegungen erhalten. Würde es Sie daher interessieren, wohin die Deutschen in 2014 auswanderten?